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Donnerstag, 14. Mai 2015

Problematisches Streikrecht Teil 1 – GDL-Streik

Das Streikrecht ist ein Fremdkörper in unserem Rechtsgefüge. Arbeits- und Leistungsverweigerung führt im gewöhnlichen Leben nicht zu der Aussicht auf höhere Erlöse, sondern zu Einbußen bis hin zum Schadensersatz. Gerechtfertigt wird diese Ausnahme im Allgemeinen mit dem Verweis auf das Grundrecht. Das Streikrecht unterscheidet sich aber wesentlich von den sonstigen Grundrechten, die als Bürger- oder Menschenrechte ausgestaltet sind,  denn es gilt nicht für alle und nicht allgemein und ist daher im eigentlichen gar kein Grundrecht. Aus rechtlichen und faktischen Gründen ist ein Großteil der Bürger von vornherein von diesem Arbeitsverweigerungsrecht in bestehenden Vertragsverhältnissen ausgeschlossen. Darunter  natürlich die meisten Nichtarbeitnehmer. Für große Gruppen von Selbständigen wie Architekten und Rechtsanwälten wird die Entlohnung über eine staatliche Gebührenverordnung gesetzlich festgelegt. Ebenso für Beamte, die seit jeher kein Streikrecht haben. Aus faktischen Gründen sind aber auch große Teile der Arbeitnehmerschaft davon ausgeschlossen, sofern sie entweder in Betrieben arbeiten, die vom Kündigungsschutz ausgeschlossen sind (darunter viele Gastronomiebetriebe), oder für die persönlich der Kündigungsschutz nicht greift. Das Streikrecht hat vor allem historische Wurzeln und stammt aus einer Zeit, in der die Arbeiterschaft gleichzusetzen war mit den ärmeren und ärmsten Schichten der Gesellschaft auf den unteren Stufen der sozialen Hierarchie.  Es galt als Korrektiv gegen die ökonomische Überlegenheit der Unternehmer (Kapitalisten) als Arbeitgeber, zuweilen auch als Mittel des Klassenkampfs,  um damit im kämpferischen Zusammenschluss gegen die Machtinteressen Einzelner ein gemeinsames, mehr oder weniger verallgemeinerungsfähiges gesellschaftliches Interesse solidarisch durchzusetzen. Auch jenseits rechtlicher Beschränkungen lagen dabei jedoch die immanenten Schranken in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und äußerstenfalls in der  Überlebensfähigkeit der Betriebe.   Mit dem gesellschaftlichen Wandel haben sich die Koordinaten jedoch gründlich verschoben. Verantwortlich dafür sind zwei nur scheinbar gegensätzliche Tendenzen, die Vergesellschaftung und die Privatisierung, denn beide Prozesse gehen ineinander über.  Vor allem begünstigt das solche Berufsgruppen, die in den stark vergesellschafteten  Strukturen Schlüsselpositionen einnehmen oder einem wirtschaftlich unbegrenzt leistungsfähigen Arbeitgeber gegenüber stehen.  Am besten stellen sich die, für die beide Voraussetzungen zutreffen.  In den zurückliegenden Jahren haben daher vor allem Streiks im Öffentlichen Dienst und ähnlichen Strukturen in der öffentlichen Daseinsvorsorge für Aufsehen gesorgt. Neben der GDL kommen damit  Berufsgruppen in eine privilegierte Streikposition, die man traditionell eher nicht einer verarmten Arbeiterschaft zurechnet (Piloten) und solchen, die nicht einmal zur Arbeitnehmerschaft gehören, wie etwa selbständige Ärzte, die aber aus den (vergemeinschafteten) Sozialkassen bezahlt werden. In allen diesen Streikbewegungen, die zum Teil nur noch von kleinen Personengruppen getragen werden, kommt die Schlüsselposition zum Tragen und/oder  der Zugriff auf die quasi unerschöpflichen Quellen der  öffentlichen Kassen. In diesen Streiks ist auch kein Unternehmer oder Kapitalist der Streikgegner, sondern die Allgemeinheit.  Die Bahn ist prototypisch für die Vergesellschaftungstendenzen unter den Bedingungen der Privatisierung,  die die  Gewichte dieser großen Infrastruktureinrichtungen verschieben von der sozialen Daseinsvorsorge zum reinen Wirtschaftsbetrieb, für den der Staat aber in letzter Konsequenz die finanzielle Haftung übernimmt. Dabei ist es fast gleichgültig, ob es sich (noch) um staatseigene oder rein private systemische Großbetriebe oder  Infrastruktureinrichtungen handelt. Mit dem Rückzug des Staates aus seiner politischen Verantwortung für das Gemeinwesen geht das Abschmelzen einer auf dieses Gemeinwesen verpflichteten Beamtenschaft einher.  Die Streikbewegungen, die gerade in diesen Bereichen ausbrechen, sind daher vor allem geprägt von dem Schwinden einer  sozialer Verantwortung des Einzelnen,  die einen Beruf über die unmittelbaren pekuniären Interessen seiner Träger erhebt. Mit der Preisgabe der öffentlichen Kassen an rücksichtslose Verteilungskämpfe partikularer Interessensgruppen erscheint  der Staat in einer geradezu erbärmlichen Machtlosigkeit . Einer Berufsgruppe mit einer überschaubaren Personenzahl kann es so gelingen, der gesamten Volkswirtschaft täglich Schäden in 100 facher Millionenhöhe zuzufügen, die politischen Bemühungen um  die Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene zurückzuwerfen und  die Arbeits- und Tagesabläufe von Millionen von Bahnnutzern, die man früher nicht Kunden, sondern  Bürger nannte, durcheinanderzuwirbeln,  und dennoch beurteilen die Arbeitsgerichte auf der Basis des geltenden Rechts  den Streik als verhältnismäßig!  Diese Ohnmacht des Staates hätte man früher als partiellen staatlichen Zusammenbruch gewertet. Ein Staat aber, der sich seiner Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit (dem Gemeinwesen) entzieht, ist nicht nur machtlos, sondern für seine Bürger wertlos.

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siehe auch http://peterkoch.twoday.net/stories/problematisches-streikrecht-kita-streiks/

Problematisches Streikrecht Teil 2 – Kita-Streiks

Der unbefristete Kita-Streik weist eine für die gegenwärtigen Streikbewegungen typische Konstellation aus. Wie auch immer der Tarifvertrag aussehen wird, es ist ein Vertrag zu Lasten Dritter.  Tarifvertragspartner sind in diesem Fall die Kommunen, die rund ein Drittel der Kinderbetreuung in Kindergärten und Krippen betreiben. Diese Haftung der öffentlichen Kassen ermutigt Verdi zu Gehaltsforderungen in Höhe von durchschnittlich 10% , die anderswo Schwindel erregen würden. Flankiert wird der Streik von einer feministischen Politik, allen voran aus dem Hause Schwesig, die auf eine finanzielle Aufwertung typischer Frauenberufen abzielt. Das Endgehalt einer ausgebildeten Erzieherin in der Gehaltsstufe S 6  beispielsweise (betrifft 40%  der Erzieherinnen) beträgt heute 3.289 Euro. Im Vergleich dazu der Feuerwehrmann: 2. 851 Euro Endgehalt. Gefordert wird von Verdi eine Hochstufung auf die Gehaltsstufe S 8 mit einem Monatsgehalt von 3.974 Euro. Das entspricht einer Anhebung von 21%! (1) Begünstigt werden die Erzieherinnen von dem staatlich verbürgten Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz, der ihre Monopolstellung verstärkt. Dafür fordern die Erzieherinnen auch noch die Solidarität der Eltern ein, die als Nutznießer und Kunden in Wahrheit die eigentlichen Arbeitgeber sind. Würden aber sie zur Kasse gebeten, liefe der Streik ins Leere, da die Kosten für die Kinderbetreuung schnell eine kritische Grenze erreichen würden, ab der die eigene, durch Fremdbetreuung freigesetzte Erwerbsarbeit kaum mehr einen Überschuss über diese Kosten erbringen würde, zumal Mütter überwiegend nur in Teilzeit arbeiten. Der unmittelbare finanzielle Nutzen dieser Form der Arbeitsteilung reduziert sich bilanztechnisch auf die effizienter rationalisierte professionelle Kinderbetreuung.  Daneben soll die staatliche Kinderbetreuung jedoch einen gesellschaftlichen Nutzen haben, für die der Staat als Wahrer öffentlicher Aufgaben aufzukommen hat. Der wesentliche Effekt dieser Vergesellschaftung der Kinderbetreuung und –aufzucht besteht aber zunächst vor allem in der Verlagerung der finanziellen Beistandspflichten aus der Familie auf unbeteiligten Dritte, die so zum eigentlichen Unterhaltsschuldner werden. Das schafft für die Erzieherinnen und Mütter eine typische Win-win-Situation, die die Basis für die Solidarität der Eltern mit dem Streik sein kann.  Den Erzieherinnen verschafft es den quasi unbeschränkten Zugriff auf die öffentlichen Kassen, den sich Verdi auch nicht mit dem Argument der Schuldenbremse für die Kommunen weg reden lässt. Diesem begegnet sie mit Vorschlägen für neue Steuererhöhungen.  Der frühkindliche Bildungsauftrag (ab dem 1. Lebensjahr!) könnte zwar als ein gesamtgesellschaftliches Anliegen gelten und damit als ein staatlicher Auftrag, der die Erziehrinnen in die Nähe von Lehrerinnen rückt. Das staatliche Schulwesen indes war traditionell von einem Berufsbeamtentum geprägt, das gerade wegen des staatlichen Auftrags und der Ausrichtung auf das Gemeinwohlinteresse kein Streikrecht hatte. Der gesellschaftliche Nutzen verengt sich doch eher auf die Ökonomisierung der Kinderbetreuung im Sinne ökonomischer Verwertungsprozesse (,,frühkindliche Bildung von  grundlegender Bedeutung für das spätere Erwerbsleben”, Frankfurter Rundschau) Zumal auch dieser ,,staatliche Bíldungsauftrag” gerade einmal noch zu rund einem Drittel durch staatliche bzw. kommunale Einrichtungen ausgeführt, während sich die Entwicklung in der Branche zu einem privatwirtschaftlichen Gewerbe immer deutlicher abzeichnet.  Die Ökonomisierung aller Lebensbereiche drückt sich hier darin aus, dass die eigentlich zur Kinderbetreuung berufene Mutter davon zugunsten der Lohnarbeit freigesetzt wird, dafür die Erzieherinnen dann aber die Kinderbetreuung in der Form der Lohnarbeit verrichten. ,,Alle Räder stehen still….” Diese frühe gewerkschaftliche Kampfparole des Proletariats erinnerte den Bourgeois auch daran, dass ihm alle Werte, die ihm aus der Produktion in der Form kapitalistischen Eigentums zuflossen,  durch den Schweiß und die Muskelkraft des Arbeiters geschaffen wurden. Das berührt den Kern der kapitalistischen Lohnarbeit, die Entfremdung des Arbeiters von seinem Arbeitsprodukt . Der Streik der Erzieherinnen räumt endgültig mit den akademischen  Theorien von dem pädagogischen Nutzen der vergesellschaften Kinderaufzucht auf und enthüllt ihr Wesen als entfremdete Arbeit. (Kleinstkinder als Humankapital) Kein guter Zustand für diese sensible Entwicklungsphase, in der sich vor allem durch die verlässliche Bindung an feste Bezugspersonen um ihrer selbst Willen die Grundlagen für die Bindungsfähigkeit  und Empathie im späteren Leben herausbilden.

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(1) FAZ 7.5.2015)

siehe auch http://peterkoch.twoday.net/stories/problematisches-streikrecht-gdl-streik/

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Zuletzt aktualisiert: 15. Nov, 13:58

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