Heiko Maas macht Gerichtssäle zu Showbühnen
Sieht man im Rechtsstaat eine tragende Säule unserer Verfassung, hat Justizminister Heiko Maas kein allzu inniges Verhältnis zum Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Zum wiederholten Male nutzt er seine Stellung als Justizminister, um an dieser Säule zu sägen. Sein neuestes Produkt ist sein Gesetzentwurf, mit dem das Verbot von Film- und Fernsehübertragungen in Gerichtssälen gelockert werden soll. Eine unabhängige Justiz ist der wesentliche Garant des Rechtsstaats. Unabhängigkeit bedeutet, dass sie nur an Recht und Gesetz gebunden und keinen sonstigen Einflüssen unterworfen ist. Das bedeutet nicht, dass die Justiz im Geheimen arbeitet. Im Gegenteil. Die Öffentlichkeit, die mit wenigen Ausnahmen (etwa für Jugendgerichts- oder familienrechtliche Verfahren) gilt, hat dabei eine wichtige Kontrollfunktion. Aber die Öffentlichkeit ist eben bereits gesetzlich garantiert. Mindestens ebenso wichtig ist jedoch die Kontrollfunktion der Justiz gegenüber der Politik . Werden aus den Gerichtssälen jedoch Showbühnen gemacht, hat dies mit der Kontrollfunktion des Öffentlichkeitsprinzips nichts mehr zu tun. Stattdessen gerät die Justiz in die Abhängigkeit der Medien. Zu Recht stößt daher die Fernsehübertragung aus den obersten Gerichten auf die Skepsis von Bundesrichtern. Die mediale Berichterstattung sei im Rechtssinne nur mittelbare Öffentlichkeit. Auch sei ein Mehrwert an Information durch die Übertragung von Entscheidungsverkündungen bislang nicht erkennbar, wird der scheidende Präsident des Bundessozialgerichts Peter Masuch anlässlich des Festakts zu seiner Verabschiedung am gestrigen 31. August auf der Webseite des Gerichts wiedergegeben. Justizminister Maas hat mit der Vorlage des Gesetzentwurfs gleichzeitig versichert, aus den Gerichtssälen keine Showbühnen zu machen. Warum aber dann der Gesetzentwurf? Die mittelbare Medienöffentlichkeit stärkt nicht die Informationswert, sondern den Einfluss der Medien. Neben der Öffentlichkeit im Gerichtssaal, in der auch heute schon Medienvertreter anwesend sein können, werden alle Urteile der Bundesgerichte und Obergerichte veröffentlicht. Nach Presseberichten begründet das Justizministerium den Gesetzentwurf mit dem Umgang mit modernen Kommunikationsmitteln, der das Verbot (von Fernsehübertragungen und audiovisuellen Aufzeichnungen) nicht mehr tragbar erscheinen lässt. Warum? Die modernen Kommunikationsmittel ermöglichen schon jetzt den sekundenschnellen Zugriff auf alle veröffentlichten Urteile über das Internet. Hat sich denn nach Auffassung des Justizministers die Justiz nach den Bedürfnissen der großen Medienanstalten zu richten? Die Meinungsbildungsprozesse, die über die großen Medienanstalten gesteuert werden, folgen anderen Gesetzen als die fachlich orientierte Meinungsbildung an den Gerichten. Liveübertragungen von Prozessen und Urteilsverkündigungen mit Kommentierung in Echtzeit gehen über die demokratische Kontrollfunktion der Öffentlichkeit weit hinaus. Sie unterwerfen die Justiz einem Anpassungsdruck an die veröffentlichte Meinung. Vor allem erweitern sie damit die Macht der großen Medienanstalten, die über die Mechanismen der Meinungsbildungsprozesse direkten politischen Einfluss auf das Geschehen in der Justiz erlangen.
siehe auch http://peterkoch.twoday.net/stories/alarm-strafverfahren-als-tv-spektakel/