„Demo für Alle“ - Trennung von Staat und Sexualität!
Demonstrationen gegen und für den Hessischen Lehrplan zur Sexualerziehung
Die Trennung von Staat und Religion gilt als eine der segensreichsten Errungenschaften der Aufklärung. Religion ist Privatsache. Warum eigentlich? Religion ist vor allem ein soziales Phänomen. Sie stiftet ein Zusammengehörigkeitsgefühl in einer Weise, wie das kein Parteiprogramm oder ein Interessenverband je zu leisten vermag. Sie legt sich wie eine zweite kulturelle Haut über ein soziales Gemeinwesen und schafft kollektive Identitäten. Religion ist damit per se eine öffentliche Sache. Davon zeugen noch die sonntäglichen Kirchenglocken auch in der säkularen Gesellschaft. Sie läuten für alle vernehmlich den Feiertag ein, den die Gemeinschaft auf irgendeine Weise kollektiv begeht. Das Gemeinschaftserlebnis dringt noch durch bis zum sonntäglichen Spaziergang im Stadtpark, und wenn sich die Gläubigen um den Pfarrer versammeln, dann geht es auch nicht um die satzungsgemäße Entlastung des Kassenwarts eines Tierzüchtervereins. Das Bekenntnis zur Religion ist über den Glauben hinaus immer auch ein Bekenntnis zur Gemeinschaft. Wie sehr die Religion als öffentliche Angelegenheit im Bewusstsein verankert ist, kann man den einleitenden Worten des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland entnehmen, in dem sich das deutsche Volk zur Verantwortung vor Gott und den Menschen bekennt. Die Verbannung der Religion in die Privatsphäre sollte dann eigentlich auch eine redaktionelle Änderung der Präambel des Grundgesetzes verlangen, eingedenk des Umstands, dass die Deutschen den Errungenschaften der Aufklärung über Jahrhunderte hinterherhinken. Sie hat aber auch etwas heimtückisch Heuchlerisches, vor allem wenn die Verbannung im Gewand der religiösen Toleranz daherkommt. Ist sie, die Religion, erst einmal in das Private eingehegt, verliert sie augenblicklich ihre gemeinschaftsstiftende Funktion und damit den Kern ihrer sozialen und kulturellen Bedeutung. Ginge es um den Tierschutz, spräche man von einer nicht artgerechten Haltung. Das Verschwinden der Religion aus dem öffentlichen Raum hat sehr viel zu tun mit dem Zerfall kollektiver Bande und der Auflösung von Gemeinwesen.
Die Leerheit des öffentlichen Raums, aus dem das Gemeinschaftliche aller Art in die unverbindliche Privatheit entschwunden ist, führt zu einer der merkwürdigsten Umkehrungen in den neueren Entwicklungen. Dem Rückzug des Öffentlichen in die Privatsphäre folgt der staatliche Zugriff auf das Private. Es hat etwas von einem unfreiwilligen Sprachwitz, dass diese Entwicklung ebenfalls mit dem Begriff Aufklärung verknüpft ist, wenngleich dabei niemand an die Philosophie des 18. Jahrhunderts denkt. Die Unverbindlichkeit der Religion als Privatangelegenheit hat den verbindlichen Religionsunterricht aus den Klassenzimmern verdrängt. Das Vakuum des öffentliche Raums, aus dem sich der Staat zurückgezogen hat, wird aufgefüllt mit der privatesten aller denkbaren Angelegenheiten - der Sexualität, über die der Staat jetzt seine umfassende Allmacht beansprucht. Die Religion als Vermittler von Werten wurde nicht einmal von der Aufklärung in Frage gestellt. Dass nun ausgerechnet die sexuelle Aufklärung in den Schulen zum Träger der Wertevermittlung wird, gehört dagegen nicht zum Erbe der Aufklärung. Sexuelle Aufklärung ist hier nicht als „Wissensvermittlung“ zu verstehen, wie der umstrittene Hessische Lehrplan hierzu feststellt, sondern Sexualerziehung als wertegebundener fächerübergreifender Erziehungsauftrag der Schule, womit der obrigkeitsstaatliche Charakter dieser Einmischung in die Privatangelegenheiten der Menschen festgeschrieben ist. Die Lehrkräfte sollen sich “als Aufklärer begreifen”, “die den Auftrag haben, den Schülerinnen und Schülern das Thema Sexualität …. im Rahmen der Werteordnung des Grundgesetzes nahezubringen.” Nach dem Grundgesetz stehen Ehe und Familie unter besonderem staatlichem Schutz. Verfassungsrechtlich bedeutet dies nicht nur eine funktionelle Bestandsgarantie, sondern auch eine Grenzziehung, die die Privatsphäre vor staatlicher Einmischung schützt. Sexualität ist Privatsache! Die Art des partnerschaftlichen Zusammenlebens auch. Kurz gesagt, dies geht den Staat nichts an. Und die Erziehung der Kinder ist Sache der Eltern. Dies gilt im Besonderen für solche Angelegenheiten, die nicht in die öffentliche Sphäre übergreifen und daher der ureigenen Privatsphäre angehören, vornehmlich also die Sexualität. Der Hessische Lehrplan zur Sexualerziehung reduziert die erziehungsberechtigten Eltern aber auf die Rolle als machtlose Zuschauer. Sie sind von den Inhalten der Sexualerziehung zu informieren. Sonst nichts. Für Schüler pfeift die Verbindlichkeit durch den Text wie der Peitschenhieb eines Bierkutschers. „Sexualerziehung ist für alle Schülerinnen und Schuler verbindlich und nicht an die Zustimmung der Eltern gebunden“(!) Im Zentrum steht der Angriff auf den traditionellen Schutzraum der Privatsphäre, die grundgesetzlich geschützten Familie. „Gegenstand der Sexualerziehung in Schulen soll die Vermittlung von Wissen über die Existenz unterschiedlicher Partnerschaftsformen und Verständnisse von Familie, sexuellen Orientierungen und geschlechtlicher Orientierungen und deren Akzeptanz sein.“ Die Sexualerziehung ist nach Altersstufen gegliedert. „unterschiedliche Familiensituationen (z.B. Patchworkfamilien, Alleinerziehende, Pflegefamilien, gleichgeschlechtliche Partnerschaften)“ Verbindlich! - für die fächerübergreifende Bearbeitung in der Altersstufe der 6 - 10 Jährigen. „Rolle der Frau, Rolle des Mannes - früher und heute“. Verbindlich! - für die Altersstufe der 10 - 12 Jährigen. „Unterschiedliche sexuelle Orientierungen und gleichgeschlechtliche Identitäten. “ Verbindlich! - für die Altersgruppe der 10-12 Jährigen. Das geht so weiter bis in die höheren Altersstufen. „Die verpflichtende Teilnahme am Unterricht gilt ebenfalls für ältere Schülerinnen und Schüler und ist nicht an deren Zustimmung gebunden.“ Verpflichtend z.B. für diese Altersgruppe „Geschlechtsspezifisches Rollenverhalten“. Institutionen im schulischen Umfeld können in die Konzeptentwicklung einbezogen werden. Außerunterrichtliche Angebote gehören zum festen Bestandteil des Schullebens. Sexualerziehung total. Was der Text des Hessischen Lehrplans zur Sexualerziehung als Vermittlung der Werteordnung des Grundgesetzes ausgibt, hat mit dem Grundgesetz nichts zu tun. Das Grundgesetz schützt die Familie und die Privatsphäre vor staatlichem Eingriff. Dieses verfassungsrechtliche Abwehrrecht kann man als Wert bezeichnen, der sich einfügt in eine von der Aufklärung geprägten Gesellschaftsordnung, die auf der Trennung von Öffentlichem und Privatem beruht. Das Grundgesetz begründet keinen Erziehungsstaat.