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Kulturkampf in Frankreich um die Homo-Ehe

 

Am 12. Februar soll im französischen Parlament abschließend über das Reformpaket zur Einführung  der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare abgestimmt werden. Gegen diese ,,Ehe für alle” hat sich in Frankreich eine unerwartet breite Protestbewegung entwickelt, die unter der Losung ,,Demo für alle”  eine der größten Demonstrationen der letzten Jahre in Paris mobilisieren konnte.  Kann es sein, daß ausgerechnet in Frankreich die Homophobie eine konservative Volksbewegung auslöst, die den sozialistischen Präsidenten innenpolitisch unter Druck geraten läßt? Ausgerechnet im Land der Liebe, wie ein Tagesthemenmoderator einen Bericht über die Proteste etwas verständnislos anmoderierte? Die mit ihrer Erkennungsfarbe Rosa im übrigen in bunter Vielfalt auftretende Protestbewegung  macht eher nicht diesen Eindruck. Auch spricht die Teilnahme von Homosexuellenvereinigungen wie die der ,,Plus gay sans mariage” (Schwuler ohne Heirat)  an den Protesten gegen eine ausgeprägte Homophobie.  Man muß wissen, daß in Frankreich bereits seit 1999 eine zivile Partnerschaft zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren, vergleichbar der eingetragenen Partnerschaft in Deutschland, möglich ist. Mit diesem zivilen Solidaritätspakt, genannt Pacs (Pacte civil de solidarité)  haben gleichgeschlechtliche Paare bereits die steuerliche Gleichstellung in der Einkommens- und Erbschaftssteuer erreicht.  Das weitergehende Interesse an der ,,Ehe für alle” bleibt daher bei oberflächlicher Betrachtung etwas im Dunkeln, sieht man von dem staatliche Hochzeitszeremoniell, das in Frankreich von den Bürgermeistern zelebriert wird, ab.  Diese Formalität kann den leidenschaftlichen Kulturkampf auf beiden Seiten kaum erklären.

 

,,Ein Kind braucht eine Mama und einen Papa”

Unter diesem Motto hat sich in Frankreich die Protestbewegung zusammengefunden. Nachdem inzwischen ein Teil des Gesetzes, mit dem die Ehe zwischen Menschen gleichen Geschlechts geschlossen werden kann, wie es in Paragraph eins heißt, bereits verabschiedet ist, geht es im Kern noch um die Frage des Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche Paare und eng damit zusammenhängend um die – in Frankreich noch verbotene - Leihmutterschaft sowie die Freigabe moderner Reproduktionsmedizin.  ,,Wir sind nicht gegen die Homosexuellen. Wir wissen, was Schwulenhass anrichten kann. Aber die Homosexuellen werden über den Gesetzentwurf manipuliert.”, sagte die anerkannte Führungsfigur der Protestbewegung, Frgide Barjot. (1)  Man müßte sagen, instrumentalisiert. Sieht man sich die Folgewirkungen der Adoptionsfreigabe an, scheint dies in der Tat so zu sein, auch wenn unter dem Druck der Protestbewegung die Frage der künstliche Befruchtung  zunächst abgetrennt und auf später vertagt wurde. Schon jetzt hat die französische Justizministerin  per Rundbrief die Justiz indirekt  zur Anerkennung ausländischer Leihmutterschaften verpflichtet, indem diese Kinder automatisch die französische Staatsbürgerschaft erwerben sollen. Und gegen die Freigabe der Reproduktionsmedizin, die als Folge des Adoptionsrechts kaum noch zu vermeiden sein wird, stellt sich nicht nur die Protestbewegung,  sondern werden auch Bedenken vorgebracht aus den Reihen der Abgeordneten der sozialistischen Partei selbst.

Die sog. Homoehe ist ein Beispiel dafür, wie in dem Sog einer linken Mainstream-Ideologie eine linke Elite gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerungen Reformprojekte durchpeitscht, die die Grundlagen unserer Kultur unumkehrbar verändern.  Der ideologische Kern der Gesetzesreform  und ihre weitreichenden gesellschaftlichen  Auswirkungen zeigen sich plakativ an der zumindest geplanten Streichung der Wörter ,,Mutter” und ,,Vater” aus dem Code Civil, dem französischen Bürgerlichen Gesetzbuch, und ihre Ersetzung durch die geschlechtsneutralen Begriffe ,,Elternteil 1” und ,,Elternteil 2”.  Es ist nach den Meldungen in den hiesigen Medien nicht ganz klar, ob Hollande mit der Rücknahme wenigstens diesen Teils des Reformwerks der Protestbewegung entgegengekommen ist oder nicht.  An dem ideologischen Gehalt des Reformprojekts würde das aber auch nichts ändern.  Die Justizministerin  Christiane Tabira sieht in der Ehe für alle so oder so ,,einen ´Fortschritt für die Menschheit´und eine notwendige Abkehr  vom traditionellen Familienbild, das aus ihrer Sicht mit der Emanzipation der Frau überholt ist.” (2)

 

Paradigmenwechsel in der Familienpolitik

Es ist nicht davon auszugehen, daß selbst die breite Protestbewegung in Frankreich an dem vorgezeichneten Weg des  Reformprojekts etwas ändern wird. Aber es hat sich erstmals Widerspruch artikuliert gegen die herrschende Dynamik linker gesellschaftsveränderter Prozesse, die meist,  so auch in Deutschland,  über die in Trägheit verharrende Mehrheitsgesellschaft hinwegrollen. In der FAZ v. 8.2.2013 hat die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast einen Paradigmenwechsel in der Familienpolitik gefordert und das damit begründet, wenn wir –wen sie damit auch immer meint – heute über Familie sprächen, dächten  wir längst nicht mehr nur noch an Mutter-Vater-Kinder. (3) Die bisher bereits stattgefundenen Veränderungen glichen bereits ,,einer kleinen Revolution.”   Aber das Problem läge in der gegenwärtigen Familienpolitik, die diesem Wandel nicht Rechnung trüge. Besonders empört sie, daß der Staat noch immer die Ehe unterstützt, z.B. mit dem Ehegattensplitting und der Mitversicherung in der Krankenversicherung. Diese Kritik aus dem Mund einer nach Regierungsmacht strebenden Partei ist zumindest erstaunlich. Die staatliche Unterstützung der Ehe ergibt sich verpflichtend aus dem verfassungsrechtlich garantierten Schutz von Ehe und Familie nach Art 6 Abs. 1 Grundgesetz. 

Die ideologischen Eiferer sind sich vollkommen klar drüber , daß es bei der Einführung der Homoehe nicht um diese oder jene überfälligen Rechte für Schwule und Lesben geht, sondern um die Beseitigung der traditionellen Familie im Namen des Feminismus.   Was ehemals mit  einer gutmeinenden linken Vision von einer toleranten Gesellschaft  begann, ist längst in ihr Gegenteil umgeschlagen. Anerkennung von Minderheiten bedeutet auch gerade die Respektierung des Andersseins. Die absolute Gleichstellungspolitik hat deshalb nichts mit Anerkennung von Minderheiten und Minderheitenrechten zu tun, sondern verfolgt die Integration aller Unterschiede in einen geschlechtsneutralen Einheitsbrei.

In dem vorhergehenden Beitrag auf diesem Blog unter dem Titel ,,Leitbild Rabenmutter” wurde bereits die Vergesellschaftung der Kindererziehung thematisiert und wie der Staat dabei über den möglichst frühzeitigen Zugriff auf die frühkindliche Erziehung von Kleinstkindern  die traditionelle Familie von der Kinderaufzucht befreit.  Bezeichnenderweise ersetzen die Bevölkerungsforscher des Bundesinstituts für Bevölkerungswissenschaft in diesem Kontext bereits den Begriff der Familie durch den neutralen Begriff der Elternschaft, die so auf die rein biologische Funktion des Kinderkriegens reduziert wird. Mit der Einführung der Homoehe im obigen Sinne, also einschließlich des Adoptiónsrechts und seiner Folgewirkungen,  wird  die Elternschaft  begrifflich selbst davon emanzipiert.  Vorläufig wird bereits das Outsourcing der Erziehungsarbeit aus dem Familienbetrieb zur möglichst effizienten Freisetzung aller ökonomischen Ressourcen vorangetrieben. In den schlimmsten Visionen wird dasselbe mit der Reproduktion im engeren Sinn, der biologischen Reproduktion,  geschehen. Im Zusammenhang mit dem jüngsten Urteil des Oberlandesgerichts Hamm zur Auskunftspflicht über anonyme Samenspender, sind bereits erstaunliche Praktiken über die Presse für eine breitere Öffentlichkeit  publik geworden. Nach einem Bericht  der FR v. 8.2.2013 werden die Spender über eine aufwendige halbjährliche Untersuchung durch die kommerziellen Betreiber der Samenbanken auf ein geeignetes Zehntel der Bewerber gefiltert , und von den Empfängern werden qualitative Ansprüche gestellt, die von dem Gesundheitszustand, äußeren Erscheinungsmerkmalen  über  Hobbys bis hin  zu akademischen Berufen der anonymen Spender reichen. Analog zur professionellen Kindererziehung werden sich auch hier bald gesellschaftsfähige Argumente finden, warum die professionelle Reproduktion  unter Einsatz der verfügbaren neuesten Technologien der Reproduktionsmedizin  weit effizientere Ergebnisse zeitigt als die die traditionelle, an dem überholten Rollenmodell von Mann und Frau orientierte Reproduktion.

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(1) FAZ, 11.12.2012

(2) FAZ, 17.1.2013

(3) FAZ 8.2.2013

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Zuletzt aktualisiert: 15. Nov, 13:58

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