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Samstag, 26. Mai 2012

Wahlen in Ägypten

 

Nach den vorläufigen Meldungen über die Wahlen des Präsidenten in  Ägypten liegen der Kandidat der Muslimbrüder, Muhammed Mursi, und der “Kandidat der Militärs”, der letzte Ministerpräsident in der Regierung Mubaraks, Ahmed Shafiq, vorne und werden in die Stichwahl gehen. “Warum hassen sie uns so”, zitiert Julia Gerlach in der Frankfurter Rundschau vom 26. Mai eine twitternde ägyptische Aktivistin. Gemeint sind wohl die Wähler. Ein Schlag ins Gesicht der Revolutionäre, konstatiert auch Julia Gerlach, wenn es nach Auszählung aller Stimmen “so schlimm wird wie erwartet.”  Vor allem für die Revolutionäre in den westlichen Staatskanzleien und Redaktionsstuben eine herbe Enttäuschung. Das Volk verrät die Revolution!

Dienstag, 1. Mai 2012

Syrien–Friedensplan mit Tücken

 

Der Annan-Friedensplan

Am 14.4.2012 einigte sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf die Syrien-Resolution 2042. Die Resolution basiert auf dem Sechs-Punkte-Vorschlag des UN-Sondergesandten Kofi Annans, der neben der Einstellung der Kampfhandlungen im Wesentlichen noch neben einigen organisatorischen Fragen die Sicherstellung humanitärer Hilfe, den Zugang zu Inhaftierten, Bewegungsfreiheit für Journalisten sowie die Respektierung der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit beinhaltet.   Die Arabische Liga hat sich auf ihrem 23. Gipfeltreffen in Bagdad dem Friedensplan angeschlossen. Zuvor hatte bereits die syrische Regierung unter Präsident Assad dem Friedensplan zugestimmt.  In der Abschlußerklärung lehnte die Arabische Liga jede ausländische Einmischung in den Syrien Konflikt ab.

Entsprechend dem Friedensplan und der Gipfelerklärung der Arabischen Liga bekräftigt der Sicherheitsrat “sein Bekenntnis zur Souveränität, Unabhängigkeit, Einheit und territorialen Unversehrtheit Syriens und zu den Zielen und Grundsätzen der Charta.” Unter Ziff. 1 der Resolution fordert der Sicherheitsrat unter anderem “die Einleitung eines umfassenden politischen Dialogs zwischen der syrischen Regierung und dem gesamten Spektrum der syrischen Opposition.” Unter Ziff. 4 “fordert (er) alle Parteien in Syrien, einschließlich der Opposition, auf, jede bewaffnete Gewalt in alle ihren Formen einzustellen.”

Formal handelt es sich bei der Resolution um eine Empfehlung an die Konfliktparteien, den Friedensplan des UN-Sondergesandten unter einem Aufsichtsmechanismus der Vereinten Nationen umzusetzen. Solche Empfehlungen sind völkerrechtlich an die Zustimmung der Konfliktparteien gebunden und enthalten keinen Zwangsmechanismus. Dies unterscheidet die Resolution 2042 von der Libyen-Resolution 1973, die nach Kap. VII der UN-Charta als Zwangsmaßnahme erging.

Oberflächlich gesehen handelt es sich also um die Einleitung eines wirklichen Friedensprozesses auf der Basis des geltenden Völkerrechts. Dieser hatte bereits damit begonnen, daß der Sicherheitsrat in einer (nicht bindenden) Präsidentenerklärung am 21.3.2012 einstimmig auf der Grundlage des Annan-Planes die syrische Regierung aufgefordert hat, sich auf einen Dialog mit der Opposition einzulassen.

 

Die Schwächen des Friedensplans

Ein Schwachpunkt der Präsidentenerklärung wie auch der Resolution 2024 ist jedoch der Umstand, daß sich die maßgeblichen Teile der bewaffneten Opposition  niemals zu einem Dialog mit der Regierung bereit erklärt haben.  Am 9. März hat der Vorsitzende des oppositionellen  Syrischen Nationalrats den UN-Syrienbeauftragten  Kofi Annan einen Tag vor seiner Reise nach Damaskus am 10.3.2012 scharf kritisiert und einen Dialog mit dem Regime entschieden abgelehnt. (1) Am 13. März gab der Syrische Nationalrat eine Erklärung ab, in der es hieß, “Wir fordern ein militärisches Eingreifen der arabischen Staaten und der internationalen Staatengemeinschaft.” (2) Konkret forderte er die Einrichtung von Schutzzonen und einer Flugverbotszone. Am 16. März, wenige Tage vor der Präsidentenerklärung des Sicherheitsrats, stellten die lokalen Koordinationskomitees die landesweiten Demonstrationen unter das Motto für eine ausländische Intervention. (3)

Ein weiterer Schwachpunkt  des Resolutionstextes ist auch, daß er zwar sämtliche Konfliktparteien zur Einhaltung der Waffenruhe auffordert, die Opposition sich aber nicht verbindlich zur Einhaltung einer Waffenruhe verpflichtet hat. Streng genommen lagen damit die Voraussetzungen für dieses Vorgehen des Sicherheitsrats nicht vor, da sich nur eine Konfliktpartei, die syrische Regierung, freiwillig dem Friedensplan verpflichtet hat. Die Resolution des Sicherheitsrats nimmt daher auf die syrische Regierung Bezug mit der Formulierung,  “in Anbetracht dessen, daß die syrische Regierung sich am 25. März 2012 zur Umsetzung des Sechs-Punkte-Vorschlags des Gemeinsamen Sondergesandten der Vereinten Nationen und der Liga der arabischen Staaten verpflichtet und in ihrer Mitteilung vom 1. April an den Gesandten zugesagt hat, ihren Verpflichtungen umgehend und sichtbar nachzukommen…”

Unter Bezug auf die Opposition heißt es dagegen lediglich etwas verschwommen, “sowie in  Anbetracht dessen, daß die syrische Opposition ausdrücklich zugesagt hat, sich an die Einstellung der Gewalthandlungen zu halten, sofern die Regierung dies ebenfalls tut.” Mit dieser Textpassage mußte  der Sicherheitsrat konzedieren, daß eine verpflichtende Zusage der Opposition eben nicht vorliegt. Fast zwangsläufig folgten hieraus Differenzen in der Interpretation. Während Rußland darin eine Verpflichtung der Opposition erblickt, die mit Beginn der Einhaltung der Zusagen durch die Regierung unmittelbar auf sie übergeht, sieht der Westen, namentlich die amerikanische Außenministerin Clinton,  hier eine umfassende Vorleistungspflicht der Regierung. Faktisch behandeln maßgebliche politische Vertreter der westlichen Staaten nun die Resolution entgegen ihrem tatsächlichen Rechtscharakter wie eine Zwangsmaßnahme gegen die Regierung. So,  wenn etwa Michael Link, Staatsminister im Auswärtigen Amt,  auf dem Treffen der EU Außenminister am 23. April sagte, die EU verlange die Einhaltung der Waffenruhe ohne Wenn und Aber.  (4) Gemeint ist natürlich die syrische Regierung, die zur Einhaltung der Waffenruhe gezwungen sein soll, egal was die Opposition tut.  Ähnlich äußerte sich die EU-Außenbeauftragte Ashton , die die volle Verwirklichung des Annan-Plans verlangte, nicht nur die Beachtung der Waffenruhe (4)  und damit eine vollständige Vorleistungspflicht der Regierung im Sinne von Frau Clinton. Auf dem Treffen bekräftigten die EU Außenminister zudem am Sicherheitsrat vorbei ihre einseitigen Forderungen mit der Einleitung der inzwischen 14. Sanktionsrunde.

 

Die Opposition ist nicht das Volk

Im Westen herrscht parteiübergreifend der Eindruck vor, die (bewaffnete) Opposition sei mehr oder weniger identisch mit dem Volk und daher per se demokratisch legitimiert. Aus dieser Grundhaltung stößt die Einseitigkeit des Vorgehens gegen die syrische Regierung auf breite Akzeptanz. Dabei müssen aber die tatsächlichen Verhältnisse weitgehend unterschlagen oder grob ignoriert werden. Am 26. 2.2012 fand in Syrien ein Referendum über einen neuen Verfassungsentwurf statt. Die Wahlbeteiligung lag nach Regierungsangaben bei 57,4 Prozent. (Sie lag damit deutlich höher als etwas bei dem Verfassungsreferendum in Ägypten nach der Revolution!)  Die Zustimmung für den Verfassungsentwurf lag bei 89,4 Prozent. Für die amerikanische Außenministerin war das Referendum “ein zynischer Trick” des Regimes, was immer sie damit gemeint hat. Der deutsche Außenminister kommentierte das Referendum so: “Nach der Farce eines Referendums , das mit Demokratie nichts zu tun hat, ist es richtig und wichtig, daß wir in Europa neue und schärfere Sanktionen gegen das Regime in Syrien beschlossen haben.” ?!  (5) 

Peter Scholl-Latour war kurz  zuvor selbst in Damaskus, wo er auch auf Assad traf. Er fasste die Lage in Syrien damals wie folgt zusammen, “Ich habe den Eindruck , daß die Masse der syrischen Bevölkerung Ruhe haben will. Der Mittelstand will keine Zustände  wie im Irak oder in Libyen.” Über die angeblich demokratische Opposition sagte er , “Es ist schon jetzt kein lokaler Konflikt mehr.  Die sogenannten Deserteure der syrischen Armee und die übrigen Aufständischen  erhalten ihre Waffen mit Hilfe Saudi-Arabiens oder der Türkei. Ohne diese Unterstützung wäre der Aufstand schon längst zusammengebrochen.” ( 6) 

 

Den Friedensplan unterlaufen

Das machtpolitische diplomatische Gerangel der westlichen Staaten im Sicherheitsrat und einiger arabischer Länder läßt befürchten, daß es sich bei ihrer Zustimmung zu dem Friedensplan nur um eine weitere taktische Variante handelt, irgendwie über einen (gescheiterten) Friedensplan doch noch eine Interventionsbefugnis zu bekommen. Schon eine Woche nach der Präsidentenerklärung kam Frau Clinton auf dem Treffen der Kontaktgruppe der Freunde Syriens  in Istanbul zu dem Schluß,  daß “das Regime seine Liste der gebrochenen Versprechen immer länger werden läßt” und kündigte für die USA eine schärfere Gangart ein. (7) Alles, was auf diesem Treffen geäußert wurde, läuft den diplomatischen  Friedensbemühungen  der Vereinten Nationen zuwider und läßt an der Ernsthaftigkeit  der westlichen  und einiger arabischer Länder zweifeln.  Die eine Konfliktpartei, vertreten durch den Vorsitzenden des oppositionellen Syrischen Nationalrats, Burhan Ghalioun, die eigentlich ebenso von dem Sicherheitsrat zum Dialog statt zur Waffengewalt aufgefordert wurde, durfte ungehindert erneut die Bewaffnung der Freien Syrischen Armee fordern. Und im Vorfeld erklärte der saudische Außenminister auf einer Pressekonferenz mit Frau Clinton, die Bewaffnung der syrischen Opposition als Pflicht.

In der Folgeresolution 2043 vom 21.4.2012 beschloß der Sicherheitsrat die Entsendung einer Delegation von 300 unbewaffneten Militärbeobachtern nach Syrien für zunächst einen Zeitraum von 90 Tagen. Auch in den Verhandlungen um diese Folgeresolution setzte der Westen seine diplomatischen Bemühungen einstweilen ergebnislos fort, den Charakter des Friedensplans zu verfälschen. Die europäischen Staaten legten einen Entwurf vor, der das Sechs-Punkte-Friedensprogramm in eine umfassende und wieder sanktionsbedrohte Vorleistungspflicht der syrischen Regierung umgedeutet hätte.

Zur Erinnerung: Am 5.2.2012 hat das Doppelveto von Rußland und der VR China den westlichen Resolutionsentwurf verhindert. Der Resolutionsentwurf gab sich hinsichtlich  Sanktionen zwar lammfromm, sah aber entsprechend dem damaligen Plan der Arabischen Liga den Rücktritt des syrischen Präsidenten vor.  Der russische Außenminister  begründete die ablehnende Haltung der russischen Regierung damals auf der Münchner Sicherheitskonferenz mit den geltenden Prinzipien des Völkerrechts. “Unser Ziel ist es , den internationalen Frieden und die Sicherheit zu wahren.” Dies sei Aufgabe des Sicherheitsrats – und nicht die Einmischung in innere Angelegenheiten. (8)  Die von Rußland als teilweise hysterisch bezeichneten  Reaktionen  auf das Scheitern der Resolution machten dann  überdeutlich, welche wirklichen Absichten der Westen mit der Resolution verfolgt hatte.  Gleich nach dem Veto “haben mehrere westlichen Regierungen deutlich gemacht, sie wollten nun außerhalb der Vereinten Nationen auf den Sturz des syrischen Diktators hinwirken.” , schrieb die FAZ am 6.2.2012,  und in der Ausgabe des gleichen Tags,   “Wütend stürmte Frau Clinton vor die Mikrofone und Kameras” und rief die Freunde eines demokratischen Syriens zur Zusammenarbeit gegen das syrische Regime auf.  Unter der Führung von Frau Clinton setzten einige westliche Länder dann die Kontaktgruppe “der Freunde Syriens” zur Koordinierung der Hilfe für die syrische Opposition ein.

In dem gescheiterten Resolutionsentwurf wurden die militärischen Operationen der syrischen Regierung dargestellt als Angriffe auf friedliche Zivilisten, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausüben. Rußland kritisierte den Text auch deswegen, weil darin nicht auch die bewaffneten Gruppen verurteilt werden sollten. An dem Märchen von den friedlichen Protesten hält die westliche Propaganda fest ungeachtet, daß auch Al-Qaida Chef Al Zawahiri zur Unterstützung der Revolte in Syrien aufgerufen hat. Interessant ist auch, daß der amerikanische Verteidigungsminister Panetta, der sich bis heute gegen eine bewaffnete Intervention ausspricht, schon im Februar das Einsickern  von Al Qaida Kämpfern in Syrien als besorgniserregend bezeichnet hat. Auch der nationale Geheimdienstkoordinator, James Clapper, bezeichnete es bei einer Anhörung vor dem Streitkräfteausschuß des Senats als “besorgniserregendes Phänomen”. “Wir gehen davon aus, daß Al Qaida aus dem Irak seinen Einfluß auf Syrien ausdehnt.”  Die jüngsten Anschläge wie die Bombenattentate in Aleppo trüge die Handschrift des Terrornetzwerks, zitiert ihn die FAZ v. 18.2.2012.

Immer öfter mischen sich in die Berichte über Syrien Meldungen von getöteten syrischen Soldaten und von Bombenanschlägen in verschiedenen Städten mit Opfern auch unter der Zivilbevölkerung.  Wie zuletzt in den Tagesthemen v. 30. April, die gleich von einer ganzen Anschlagsserie berichtete, nicht ohne aber dabei immer aufs Neue Verschwörungstheorien gegen “das Regime”  zu lancieren. Berichte über die Gewalttätigkeiten des Regimes wurden gar schon suggestiv mit Bildern unterlegt, die in Wahrheit schwerbewaffnete Oppositionelle in Aktion abbildeten. Da der Westen sich schon nicht von seinen eigenen Militär- und Geheimdienstexperten belehren läßt,  muß er sich von dem russischen Außenminister lakonisch warnen lassen vor verbreiteten Vereinfachungen  wie dieser:  “Da ist ein schlimmes Regime und jeden Morgen fährt es in Panzern herum und beginnt auf unschuldige Zivilisten zu schießen” (9)

Währenddessen unterläuft die Kontaktgruppe der Freunde Syriens notorisch den von der UNO eingeleiteten Friedensprozeß.  Am 19. April, gerade also 5 Tage nach Verabschiedung der Sicherheitsresolution 2042, sagte Frau Clinton auf einem weiteren Treffen der Freunde Syriens in Paris ”Wie müssen beginnen, im Sicherheitsrat sehr energisch auf eine Resolution nach Kap VII hinzuarbeiten.” Der mögliche neue französische Präsident Francois Hollande schloß sich ihr an und stellte umgehend eine Militärintervention in Syrien unter UN-Mandat im Falle seiner Wahl in Aussicht. Da dies mit Rußland aussichtslos erscheint, rief der neue Chef des syrischen Militärrats, General Mustafa  Ahmed al Scheich in einem Video einer Oppositionswebsite dazu auf, “die Länder, die dem syrischen Volk nahestehen, eine Allianz zu bilden und auch ohne UN-Mandat wichtige Einrichtungen des Regimes zu bombardieren.” (10 ) Der neue Militärrat ist ein Zusammenschluß der Freien Syrischen Armee und des Hohen Militärrats. Sarkozy, der sich den Empfehlungen des Militärrats anschloß, übertraf seinen Konkurrenten Hollande auf dem Treffen der Freunde Syriens mit der angekündigten Unterstützung der arabischen Staaten, die (militärisch) eingreifen wollen.( 10)

 

Eine andere Lesart des Friedensplans - Julia Gerlach wieder in Partylaune

Tatsächlich ist es den diplomatischen Bemühungen insbesondere Rußlands und dem Friedensplan Kofi Annans gelungen, die Friedensinitiative der Vereinten Nationen wieder auf den Boden des Völkerrechts zurückzuholen. Auf dem diplomatischen Parkett wurde die Luft für die westlichen und arabischen Interventionisten immer dünner. “Kein Wunder””, schreibt daher eine junge Frau namens Julia Gerlach in der Frankfurter Rundschau v. 11.4.2012, nicht untypisch für ein westliches Milieu, das in den Arabischen Frühling gerne seine feministischen Träume projiziert , “ kein Wunder”, schreibt sie also “dass der Plan von vielen Experten heftig kritisiert wurde und die Vereinten Nationen sowie die Arabische Liga von mancher arabischen Zeitung als Waschlappenvereinigungen bezeichnet wurden.” Eine diplomatische Friedensinitiative, die auf die freiwillige Einhaltung einer Waffenruhe beider Konfliktparteien setzt und auf Dialog anstatt bewaffneter Auseinandersetzung, ist allerdings zum Scheitern verurteilt, wenn dabei die eine Seite notorisch zur Gewalt ermuntert und beharrlich aufgerüstet wird. “Die Enttäuschung der Weltgemeinschaft hält sich allerdings in Grenzen”, schreibt Frau Gerlach weiter . Wenn es die Spatzen nicht von den Dächern pfeifen würden, könnte man sie für klug halten, wie sie analysiert, “Es gibt nämlich durchaus eine andere Lesart der Initiative von Kofi Annan… Sie kam zu einer Zeit, wo sowohl der UN-Sicherheitsrat als auch die Arabische Liga in ihren Verhandlungen über das weitere Vorgehen in Syrien an einem toten Punkt angelangt waren.” Das Scheitern dieser Initiative, so schließt sie messerscharf, könnte der Anti-Assad-Front doch wieder Auftrieb geben. “Es gibt also Hoffnung, dass das Scheitern der Waffenstillstandsinitiative nicht das Ende, sondern vielmehr der Anfang des internationalen Bemühens um eine gerechte Lösung in Syrien markiert. Manchmal ist es eben notwendig, einen Schritt zurückzugehen, bevor man entschieden voranschreiten kann.” Unter entschiedenem Voranschreiten versteht sie, “Das Scheitern des Waffenstillstands muß nun bald schärfere Sanktionen zur Folge haben, die Syrien wirtschaftlich treffen”, und eine “Friedenstruppe” müsse aufgestellt werden. “Es sollte möglichst eine arabische Truppe sein, die von der Arabischen Liga zusammengestellt und vom UN-Sicherheitsrat beauftragt wird. Selten war der Moment so günstig wie jetzt, um solch eine Initiative durchzusetzen.” Die US-Botschafterin Susan Rice hat bereits angekündigt, daß ihre Geduld am Ende sei und niemand davon ausgehen könne, daß die USA einer Verlängerung der UN-Initiative nach Ablauf der 90 Tage zustimmen werde. In Libyen lief bereits alles nach dem Geschmack von Frau Julia Gerlach. Als Gaddafi bestialisch gelyncht wurde , war das für sie “erstmal ein Grund für eine Party” (11) . So ein Scheitern des Waffenstillstands macht Hoffnung. Das nette Mädchen freut sich schon auf die nächste Party.

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(1) FAZ, 10.3.2012              

(2) FAZ, 14.3.2012             

(3) FAZ, 17.3.2012 

(4) FAZ, 24.4.2012

(5) FAZ, 28.2.2012

(6) RNZ, 2.2.2012

(7) FAZ, 2.4.2012

(8) FAZ, 6.2.2012.

(9) FAZ, 20.4.2012

(10) vorstehendes aus FAZ, 20.4.2012

(11)siehe  “Zum Tod Gaddafis”, auf diesem Blog

Samstag, 3. März 2012

Neue Weltordnung II: Neuausrichtung der US-Militärstrategie

 

Vorbemerkung

Der Begriff der neuen Weltordnung wurde erstmals von dem damaligen amerikanischen Präsidenten Bush sen. 1991 im Zusammenhang mit dem sog. zweiten Golfkrieg eingeführt. Der erste Beitrag zum Thema Neue Weltordnung befasst sich mit dem seitherigen Verfall der völkerrechtlichen Friedensordnung, der mit dem Libyenkrieg ein neues Stadium erreicht hat. Mit dem nachstehenden Beitrag werden im Kontext einer werdenden neuen Weltordnung Aspekte einer strategischen Neuausrichtung der US-Militärstrategie behandelt, soweit sie sich aus der zugängigen Berichterstattung der Tagespresse erschließen.

Kostengünstiger, effizienter, schlagkräftiger

Im Januar dieses Jahres meldeten die Medien eine neue strategische Ausrichtung der amerikanischen Streitkräfte verbunden mit Einsparungen im Verteidigungshaushalt von bis zu einer Billion Dollar in den nächsten zehn Jahren.  Aber auch die Ausgabenkürzungen, die in Wahrheit nur eine Drosselung der Mehrausgaben sind, bedeuten nicht den militärischen Rückzug der USA aus dem Weltgeschehen, sondern dienen dem effizienten Ausbau der militärischen Dominanz unter veränderten weltpolitischen Herausforderungen. Die FAZ vom 6. Januar zitiert den US-Präsidenten Obama mit den Worten,

“Ja, unsere Streitkräfte werden kleiner sein, aber die Welt muß wissen, dass die Vereinigten Staaten ihre militärische Überlegenheit behalten werden und dass unser Militär schnell und flexibel auf alle Bedrohungen und Herausforderungen reagieren wird.”

Von den geplanten Einsparungen gibt es zwei Ausnahmen, die äußerst aufschlußreich für die Schwerpunkte der strategischen Neuausrichtung sind. Die eine betrifft die geostrategische Ausrichtung auf den asiatisch-pazifischen Raum. “Wir werden im Gegenteil unsere Präsenz im pazifischen Raum ausbauen,” sagte Vereidungsminister Panetta im Oktober beim Besuch der Verbündeten Japan und Südkorea. (1) Die zweite wesentliche Ausnahme betrifft die Ausgaben die Flugzugträgerflotte, die digitale Kriegsführung sowie die Aufklärung und Überwachung.  (2)

Eine Schlüsselrolle für die Änderung an der amerikanischen Militärdoktrin spielt der Libyenkrieg. Erstmals praktizierten die USA hier die “Obama-Doktrin” des Führens aus der zweiten Hand. Mit der strategischen Konzentration auf den pazifischen Raum sind der Nato und den vornehmlich europäischen Verbündeten ein größerer militärischer Eigenanteil zugedacht. Aber vor allem stellt der Libyenkrieg einen Wendepunkt in der strategischen Kriegsführung selbst dar. Er fällt zusammen mit der Aufgabe der sog. Zwei-Kriege-Doktrin durch Obama, wonach die USA nicht mehr in der Lage sein müssen, zwei große Landkriege gleichzeitig zu führen. Damit ziehen die USA die Lehren aus den Fehlern des Irak- und Afghanistankrieges. Das bedeutet nicht etwa eine selbstauferlegte teilweise Abstinenz, sondern die Änderung in der Art der Kriegsführung. Der Politikwissenschaftler und Militärexperte Lothar Rühl beschäftigt sich in der FAZ mit den strategischen Lehren aus dem Libyenkrieg und betont zunächst “die entscheidende Wirkung der vollkommenen Luftüberlegenheit” (3 )

 

Aus den Fehlern im Irak und in Afghanistan lernen

Aus dieser ersten libyschen Lektion, wie er das nennt,  folgt die “Präferenz von Operationen aus der Luft, auch und künftig mehr mit Drohnen und Marschflugkörpern.” Für diese Art der Kriegsführung genügen am Boden der Einsatz einiger subversiv arbeitender Spezialkommandos, die die operative Leitung der am Boden kämpfenden Verbündeten übernehmen. Dies führt direkt zu der zweiten libyschen Lektion.

Der Libyenkrieg bedeutet auch deshalb historisch eine Zäsur, weil es dem Westen mit der Res. 1973 gelang, die bestehenden rechtlichen Hemmschwellen für einen Angriffskrieg weiter einzureißen. Im ersten Beitrag zur Neuen Weltordnung wurde ausgeführt, wie mit der Resolution des Sicherheitsrats die Eingriffsvoraussetzungén für eine Militärintervention herabgesetzt wurden auf die bewußt einseitige Unterstützung eine Bürgerkriegspartei. Der politisch gewollte Regimewechsel sollte auch dann noch für eine rechtliche Legitimation der Intervention herhalten, wenn dadurch eine ansonsten bereits zum Scheitern verurteilte Aufstandsbewegung doch noch zu einer siegreichen Revolution geführt werden konnte. Der Westen hat damit die Konsequenzen gezogen aus den Fehlern der beiden vorangegangen großen Landkriege, die in ihrem Ansatz aber bereits dem gleichen Ziel gedient haben. Diese strategische Lehre erläutert Lothar Rühl wie folgt:

“Die zweite libysche Lektion liegt in der Verfügbarkeit zuverlässiger Verbündeter in dem Land, in dem militärisch eingegriffen werden soll. Eigene Luftlande- und Seelandestreitkräfte wie Spezialeinsatzkräfte sind dafür zwingend, wenn einheimische Kräfte wie die ´Nordallianz`in Afghanistan und die libyschen Aufständischen nicht vorhanden sind oder schnell entstehen. Das war die Schwäche im Irak, die bis zum erklärten Abschluß der Intervention im Oktober 2011 (mit Ausnahme einiger sunnitischer Stammesmilizen) andauerte. Hier liegt noch immer die Schwäche in Afghanistan.”

Mit den Änderungen an der Militärdoktrin durch die Obama-Administration gelingt dem Westen gegenwärtig gleichzeitig  die ideologische Befreiung aus den Fesseln, die ihm die öffentliche Meinung in den langandauernden, teuren und aus Sicht des Westens verlustreichen Landkriegen zunehmend auferlegen. Der arabische Frühling hat dem Ausbau der politischen und militärischen Dominanz des Westens und insbesondere der USA erheblichen Auftrieb verschafft.  Neben der militärischen führt auch die politische und ideologische Vereinnahmung des arabischen Frühlings durch den Westen zu einer Zäsur und zu einer seit dem Ende des zweiten Weltkrieges nicht mehr dagewesenen Symbiose der öffentlicher Meinung mit der strategischen Kriegsführung der westlichen Kommandozentralen.  Begonnen hat dies bereits damit, daß die kreative Wortschöpfung “UN-Mandat” zu einer schleichenden Akzeptanz  von militärischen Interventionen führte, sofern der Sicherheitsrat der Nato die Absolution erteilt. Ähnlich schablonenhaft knüpfen die ideologischen Reflexe  an die Bürgerkriegssituation als Eingriffsermächtigung an , indem die Niederschlagung eines bewaffneten Aufstands einhellig als gewaltsames Vorgehen “des Regimes” gegen das eigene Volk gebrandmarkt wird und ebenso schwerbewaffnete und mitunter terroristisch operierende Aufständische umstandslos zu Zivilisten erklärt werden.  Diese einseitige Ausrichtung der öffentlichen Meinung an der schwindender Akzeptanz der Legitimität staatlicher Auufstandsbekämpfung (und damit des staatlichen Gewaltmonopols) wird begleitet von einem Prozeß zunehmender Akzeptanz einer globalen militärischen Aufstandsbekämpfung. In Afghanistan etwa erscheint der Einsatz militärischer Gewalt, zumindest zur gezielten Aufstandsbekämpfung,  völlig unproblematisch. Aufschlußreich insoweit Christian Bommarius  in der Frankfurter Rundschau,

In Afghanistan herrscht ein bewaffneter nicht-internationaler Konflikt. Hier sind Schläge gegen militärisch operierende Einheiten ebenso gestattet wie gegen einzelne Aufständische. Deren Tötung ist nicht nur in direkter Konfrontation zulässig, sondern auch beim Essen und im Schlaf . (4)

 

Jederzeit, überall, mit allen Mitteln

Mit der Res. 1973 nutzte der Westen die Gunst der Stunde, daß er diplomatische Unterstützer auch im arabischen Lager hatte. Dem Zerfallsprozeß des arabischen Lagers und dem ihn begleitenden Bedürfnis nach Begleichung alter Rechnungen war es geschuldet, daß ausgerechnet die libanesische Hizbullah maßgeblich daran beteiligt war, den USA  im Sicherheitsrat die diplomatische Vorlage für den Libyenkrieg zu liefern.  Der Zynismus, mit dem die USA sich für den insoweit begrenzten Libyenkrieg den Schein einer völkerrechtlichen Legitimität verschaffte, darf allerdings nicht davon ablenken, daß der Westen – und allen voran die USA – sich bereits weltweit und grenzenlos in einem permanenten Krieg befinden. Nach wie vor beanspruchen die USA dafür als völkerrechtliche Grundlage die Res. 1373 des Sicherheitsrats vom 28.9.2001, die damals als Reaktion auf 9/11 erging. Die USA beanspruchen daraus für sich, jederzeit, überall und mit allen Mitteln den Bedrohungen von Frieden und Sicherheit durch terroristische Handlungen entgegenzutreten.  “Mit allen Mitteln “ haben sich die USA in die Resolution schreiben lassen, um den Antiterrorkrieg ohne jede geographischen, rechtlichen und militärischen Schranken führen zu können.

Drohnenkrieg und …..

Obama, der den Antiterrorkrieg nur nicht mehr so nennt, stützt sich dabei weiterhin auf die im gleichen Jahr ergangene Ermächtigung des Kongresses “zum Einsatz aller notwendigen und angemessenen Gewalt.” Unter Obamas Führung haben sich die Mittel mehr und mehr auf den Einsatz von Spezialkommandos und vor allem auf die Intensivierung des Drohnenkriegs verschoben. In mindestens sechs Ländern, Afghanistan und Pakistan, Irak und Libyen sowie in Somalia und im Jemen setzen die USA Drohnen ein.

Seit Obamas Amtsantritt sollen alleine in Pakistan mehr als 1500 mutmaßliche Taliban und Al-Qaida Kämpfer durch Drohnen getötet worden sein, vornehmlich wohl bei der Bekämpfung der Aufstandsbewegung in Süd Waziristan. Diese Zahl betrifft nur die gezielten Tötungen, nicht die Gesamtzahl der Opfer auch durch sog. Kollateralschäden. Und dies, obwohl die USA weder gegen noch in Pakistan offiziell Krieg führen.

Die Angriffe auf Somalia und die Arabischen Halbinsel werden bisher hauptsächlich von dem Stützpunkt in Djibouti aus geflogen. Daneben wurden im letzten Halbjahr Stützpunkte ausgebaut in Arba Minch auf einem Flughafen in Äthiopien sowie auf den Seychellen im Indischen Ozean sowie weitere geheime Basen auf der Arabischen Halbinsel und im Osten Afrikas. “Ziel des Ausbaus der Drohnenstützpunkte ist

Schaffung eines Netzes sich überlappender Flugzonen, die eine fortgesetzte Überwachung der von den Terrororganisationen kontrollierten Gebiete ermöglicht.” (5)

Auch hier operieren die US-Militärs mit verbündeten äthiopischen bzw. kenianischen Bodentruppen.

 

Todeslisten

Ausgestattet sind die unbemannten Flugkörper vom Typ “Predator” und “Reaper” mit satellitengesteuerten Lenkwaffen oder mit Hellfire -Raketen; nochmals zum Mitschreiben –HELLFIRE -. Ihr Zweck ist neben der gezielten Liquidierung von Aufständischen die Verbreitung von Angst und Schrecken.

Mit dem Ausbau der Drohnenstützpunkte verlagert sich die operative Kriegsführung zugleich auf den jeglicher Kontrolle entzogenen Auslandsgeheimdienst CIA. Im letzten September wurde der amerikanische Staatsangehörige und “Haßprediger” Anwar Al Aulaqi sowie der fünfundzwanzigjährige pakistanischstämmige Amerikaner Samir Khan im Jemen bei einem Drohnenangriff gezielt getötet. Im August die mutmaßlichen Al Qaida Führer Pakistans Al-Shari und Abd-al Rahman im pakistanischen Waziristan. Die Liste der gezielten Tötungen ist lang und zeigt, daß niemand auf der Welt der Präzision der hoch technologisierten Tötungsmaschinerie entkommen kann, wenn man auf den Todeslisten der CIA oder den US-Militärs steht. Gesteuert wird sie von der Luftwaffenbasis Creech im amerikanischen Bundesstaat Nevada vom heimischen Computer aus mit dem Joystick, ohne eigene Gefahr für die eigenen Streitkräfte. Laut Frankfurter Rundschau testet das Pentagon bereits  Drohnen, die bis zum vollautomatischen Abschuß als autonome Kampfmaschinen agieren. Es ist dabei nur ein scheinbares Paradoxon, daß die USA teilweise die gleichen Kräfte, die sie weltweit verfolgen, in Ländern wie in Libyen oder Syrien als nützliche Verbündete am Boden nutzt.

Die Aufgabe der Zwei-Kriege-Doktrin ist irreführend. Die militärischen Anstrengungen werden strategisch gebündelt zu einem einzigen weltweiten Krieg mit einer flexible Anpassung an die örtlichen, politischen und taktischen Gegebenheiten. Dieser Krieg ist durch nichts legitimiert, weder demokratisch noch durch legitime Hoheitsgewalt oder historisch anerkannte Souveränitätsrechte, allesamt moderne republikanische Prinzipien, die in diesem Krieg untergehen. Dieser Krieg stützt sich alleine auf den Zynismus der Macht.

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1) FAZ, 15.11.11

(2) FAZ, 6.10.11

(3) FAZ, 18.1.12

(4) FR, 4.10.11

(5) FAZ, 22.9.11

Freitag, 10. Februar 2012

Neue Weltordnung I: Verfall der völkerrechtlichen Friedensordnung

 

Vorbemerkung

 

Der Begriff der Neuen Weltordnung wurde erstmals von dem damaligen amerikanischen Präsidenten Bush senior im Zusammenhang mit dem sog. zweiten Golfkrieg eingeführt. Er korrespondiert mit dem Wort von der “internationalen Staatengemeinschaft”, die im Anschluß an die “Operation Wüstensturm” über den Irak ein fast zehnjähriges Hungerembargo verhängte zum vorgeblichen Schutz von Kurden und Schiiten. Der Libyenkrieg der Nato markiert nun einen vorläufigen Höhepunkt in der Etablierung dieser neuen Weltordnung. Seine markantesten Merkmale sind die erhebliche Absenkung der Hemmschwelle für einen beliebigen Angriffskrieg gegen jedes beliebige Land, der fast vollständige Verlust des Respekts des geltenden Völkerrechts sowie einschneidende militärische und militärstrategische Innovationen. Ein weiteres markantes Merkmal ist die Ausbreitung eines ziemlich homogenen ideologischen Klimas in den Gravitationszentren dieser neuen Weltordnung, den USA und Europa. In aller Offenheit wird über Sanktionen, Kriegsdrohungen und Interventionen nur noch unter dem Gesichtspunkt der Opportunität gesprochen (wie derzeit nicht nur im Falle Irans), und eine grundsätzliche gesellschaftskritische Sicht wird fast vollständig in diesem ideologischen Sog ertränkt.

Zum Thema Neue Weltordnung befasst sich der nachfolgende Beitrag mit den völkerrechtlichen Entwicklungstendenzen und den Auswirkungen des Libyenkrieges auf die völkerrechtliche Friedensordnung. In einem zweiten Beitrag wird die militärische Neuausrichtung des Westens auf die Herausforderungen dieser neuen Weltordnung untersucht.

 

Der Libyenkrieg und die westliche Überrumpelungstaktik mit der Resolution 1973

 

Am 17.3.2011 beschloß der Weltsicherheitsrat die Resolution 1973, angeblich zum Schutz der libyschen Zivilbevölkerung. Im Wesentlichen wurde dazu über Libyen ein Flugverbot verhängt. Keine 24 Stunden später begann die Nato mit ihren “massiven Luftschlägen gegen das Gaddafi-Regime”. Spiegel Online berichtete am 19. März, “Es sah so aus, als hätte der Revolution letzte Stunde geschlagen – da schritt der Westen doch noch ein.” Instruktiv ist diese Formulierung insofern, als vom ersten Tag an das Kriegsziel eines Regimewechsels unverkennbar war und wie sich später zeigte, nicht die Rebellen, sondern die Nato die Revolution gewonnen hat. Von alledem ist in der Resolution 1973 nichts zu lesen. Weder wurde die Nato ermächtigt, den Rebellen zu helfen noch gar den Sturz der Regierung zu betreiben. Bei einer oberflächlichen Lektüre der Resolution enthält diese nicht einmal die Ermächtigung zu Militärschlägen überhaupt, außer zur Einhaltung des Flugverbots. Die maßgeblichen Klauseln lauten:

“Der Sicherheitsrat beschließt ein Verbot für alle Flüge im Luftraum von Libyen, um einen Beitrag zum Schutz der Zivilbevölkerung zu schaffen”

und als Sanktion :

“Der Sicherheitsrat ermächtigt alle Mitgliedsstaaten, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung des Flugverbots durchzusetzen.”

Von einem Verstoß der libyschen Regierung gegen das Flugverbot nach Inkrafttreten der Resolution ist nichts bekannt geworden. Es wurde nicht einmal behauptet. Bekannt ist aber, daß der Westen zu so einer schnellen militärischen Reaktion nicht in der Lage gewesen wäre, wenn er die Intervention nicht lange vor Verabschiedung der Resolution geplant hätte. Am 19. März meldete die FAZ , “schon seit Ende Februar haben die Vereinigten Staaten und Großbritannien Position am Mittelmeer bezogen, um eine Intervention in Libyen vorzubereiten.” Wichtigstes Einsatzelement für die Intervention war nach diesem FAZ-Bericht der atomgetriebene Flugzeugträger USS Enterprise mit etwa neunzig  Kampfflugzeugen des Typs F/A-18 Hornet und Super Hornet, die “zur Luftraumverteidigung und Angriffsmissionen eingesetzt werden können.” Der Flugzeugträger befand sich seit Mitte Februar im Roten Meer “begleitet von mehreren Lenkwaffenzerstören” im Roten Meer und dem Mittelmeer.

Wie konnten die USA und ihre Verbündeten die Weltgemeinschaft mit dem scheinbar harmlosen Resolutionsentwurf dermaßen täuschen und darauf einen längst vorbereiteten Angriffskrieg gegen einen souveränen Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen stützen?

Der Westen fühlte sich ermächtigt, weil der Sicherheitsrat gem. Kap. VII der UN-Charta tätig wurde und die Feststellung traf, daß die Situation in Libyen eine Bedrohung des internationalen Friedens  und der Sicherheit darstellt.

Angriff auf die völkerrechtliche Friedensordnung

Die Wahrung und Sicherung des Weltfriedens ist die vornehmste und wichtigste Aufgabe der Vereinten Nationen und war das entscheidende Motiv für die Gründung dieser Weltorganisation auf der Grundlage der UN- Charta. Wichtigste Norm dieser Verfassung der Völkergemeinschaft ist das Gewaltverbot nach Art. 2 Abs. 4. Darin heißt es:

Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit gerichtete Androhung oder Anwendung von Gewalt.”

Das zwischenstaatliche Gewaltverbot der UN-Charta ist umfassend und kennt nur die einzige Ausnahme in dem Recht auf Selbstverteidigung. Zur Sicherung des Friedens regelt Kap. VII der UN-Charta die Eingriffsbefugnisse des Sicherheitsrats bei Verstößen gegen das Gewaltverbot.  Der Sicherheitsrat kann im Rahmen des kollektiven Sicherheitssystems nach Art. 39 feststellen, daß eine Friedensbedrohung oder ein Friedensbruch vorliegt. Darauf gestützt kann er Zwangsmaßnahmen, entweder nichtmilitärische oder nach Art. 41 militärische, gegen den oder die betreffenden Staaten verhängen. Der Bezug auf Kap. VII ist damit das Hintertürchen, auf das sich die Alliierten Interventionsmächte stützen.  Der Sicherheitsrat ist aber auch selbst an das Gewaltverbot gebunden, das von ihm nicht aufgehoben und schon gar nicht in eine Ermächtigungsgrundlage für die Anwendung zwischenstaatlicher Gewalt umgedeutet werden kann.  Die Reichweite der Eingriffsbefugnisse des Sicherheitsrats sind in der UN-Charta zudem grundsätzlich beschränkt. In Art 2 Abs. 7 heißt es:

“Aus dieser Charta kann eine Befugnis der Vereinten Nationen zum Eingreifen in Angelegenheiten, die in ihrem Wesen zur inneren Zuständigkeit eines Staates gehören…, nicht abgeleitet werden”

Diese beiden Normen begründen die fundamentalen Säulen der geltenden völkerrechtlichen Friedensordnung,  den Vorrang der Sicherung des Weltfriedens mit dem absoluten  zwischenstaatliche Gewaltverbot beruhend auf dem Prinzip der Gleichheit souveräner Staaten.

Seit dem Ende der bipolaren Weltordnung versucht der Westen, diese fundamentalen Säulen der völkerrechtlichen Friedensordnung zu Fall zu bringen. In Umkehrung von Geist und Buchstabe der UN-Charta versucht er stattdessen, den Sicherheitsrat zur Legitimierung seiner Angriffskriege zu mißbrauchen. In diesem Zusammenhang tauchte in den 90er Jahren das Unwort von dem sog. UN-Mandat auf, als eine Art Lizenz zum Angriffskrieg, das die UN-Charta aber gerade nicht vorsieht.

Erstmals wurden 1991 die internen Vorgänge im Irak in der Res. 688 zum Anlaß für Zwangsmaßnahmen gegen ein Mitgliedsland genommen. Nach dem Wortlaut der Resolution wurden jedoch offiziell nicht die behaupteten Menschenrechtsverletzungen zum Anlaß für die Feststellung einer Friedensbedrohung genommen. Um formal in Übereinstimmung mit der UN-Charta zu verbleiben, knüpfte die Feststellung an die Auswirkungen auf die Stabilität der Region an. Gleichwohl liegt hierin der Ausgangspunkt für die neueren Entwicklungen, da faktisch innerstaatliche Vorgänge zum Anlaß für die Verhängung von Zwangsmaßnahmen genommen wurden. Der Charakter der Vereinten Nationen als multilateraler Organisation gleichberechtigter Staaten wurde von hier ausgehend ständig weiter unterhöhlt.

Vom Jugoslawienkrieg zum Prinzip der Schutzverantwortung “Responsibility to Protect”

Präzedenzcharakter hatten dann die Resolutionen 808 und 827 des Sicherheitsrats v. 22.2. und 25.5.1993. Mit diesen setzte der Sicherheitsrat auf Betreiben der USA das Haager Ad-hoc Straftribunal als Zwangsmaßnahme  nach Kap. VII der UN-Charta ein, das im Wesentlichen der Aburteilung von Milosevic diente. Erstmals wurden hier ausdrücklich innere Vorgänge im Hoheitsgebiet eines Staates ohne Auswirkungen auf den internationalen Frieden zum Anlaß für Zwangsmaßnahmen genommen. Die USA und die Natostaaten erreichten damit zugleich, daß erstmals in der Geschichte der Präsident eines angegriffenen Landes sich der Strafjustiz des Aggressors unterwerfen mußte. Damit wurden auch die Grundsätze der Nürnberger Kriegsverbrecher Prozesse auf den Kopf gestellt, in denen der Aggressor wegen des Angriffskrieges strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurde.

Der Versuch des Westens, durch den Sicherheitsrat “ein Mandat” für seine “humanitäre Intervention” zu erlangen, ist damals allerdings gescheitert. Als Konsequenz daraus initiierte die kanadische Regierung im Jahr 2000 eine sog. ad.hoc Gruppe mit internationalen Experten, die sich mit der völkerrechtlichen Legalisierung militärischer Interventionen befasste. Die “unabhängige”  Kommission nannte sich “Internationale Kommission über Intervention und Staatensouveränität” (International Commission on Intervention and State Sovereignty), kurz ICISS. Unter den Teilnehmern befand sich der ehemalige deutsche Generalinspekteur der Bundeswehr  und Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Klaus Naumann.

Die Kommission arbeitete ein Konzept aus, das der Nato, ggf. im Verbund mit Alliierten, faktisch eine militärische Exekutivgewalt im Sinne eines globalen Gewaltmonopols einräumt. Das Konzept formulierte die Eingriffsvoraussetzungen für den Sicherheitsrat im Sinne einer aus dem innerstaatlichen Recht bekannten Verwaltungsordnung, indem sie diese streng durchnormierte nach Eingriffsvoraussetzung ( just cause), Gewalt als letztes Mittel (last resort), dem Verhältnismäßigkeitsprinzip (proportional means)  usw. Gleichzeitig sah das Konzept auch Eingriffsbefugnisse “der Staatengemeinschaft” am Sicherheitsrat vorbei vor, falls dieser blockiert sei, wie dies nach dieser Lesart beim Jugoslawienkrieg der Fall war. Seither reden westliche Politiker, namentlich aus dem menschenrechtszentrierten grün-linken Spektrum, von der Responsibility to Protect, salopp auch R2P genannt, als handele es sich dabei um geltendes Völkerrecht. So z.B. Tom Koenigs, grüner Bundestagsabgeordneter und Leiter des Ausschusses für humanitäre Hilfe.

In Libyen hat der Sicherheitsrat zum ersten Mal eine Militäraktion mit der R2P begründet. Im Sinne der R2P ist ein Staat so souverän, wie er seine Bevölkerung vor schwersten Menschenrechtsverletzungen schützt. Wenn er dieser Verantwortung nicht nachkommen kann oder will, geht sie an die internationale Gemeinschaft über. “(1)

Das spricht er so vollmundig aus, als werde sein Wille Gesetz.

Das Konzept der ICISS wurde über eine Arbeitsgruppe des Generalsekretärs der UN-Generalversammlung 2005 vorgelegt und fand auch Eingang in das Gipfeldokument. Dort hatte es nach langen Verhandlungen mit dem ursprünglichen Konzept allerdings nichts mehr gemeinsam. Es handelt sich eher um einen moralischen Appell an die Staaten, ihre Schutzverantwortung selbst wahrzunehmen und begründete damit gerade nicht den Übergang der Schutzverantwortung an die Staatengemeinschaft. Damit schuf das Dokument auch keine Interventionsermächtigung. Die Generalversammlung hat den Begriff einer Norm bewußt nicht gewählt.  Im Übrigen begründet eine Erklärung des Weltgipfels im Abschlußdokument keine, jedenfalls keine unmittelbare, völkerrechtliche Wirkung. Das ist auch bezogen auf die “Responsibility to Protect” einhellige Meinung in der Wissenschaft, und auch Generalsekretär Ban Ki-moon geht davon aus, daß der Resolution der Generalversammlung keine Bindungswirkung zukommt. Eine Verankerung der “Respnsibility to Protect” im Völkerrecht wird von maßgeblichen Staaten, darunter China und Rußland auf der einen und der USA auf der anderen Seite aus unterschiedlichen Gründen abgelehnt. Die USA sehen beispielsweise die Entscheidungsfreiheit des Sicherheitsrats darin zu sehr eingeschränkt, während Rußland und China zusammen mit zahlreichen Blockfreien Staaten der zwangsweisen Durchsetzung der Schutzverantwortung ablehnend gegenüberstehen.  Die USA verhalten sich zu der “Responsibility to Protect” ähnlich wie zu dem Internationalen Strafgerichtshof. Zur Aburteilung ihrer Kriegsgegner stehen sie vollständig hinter dem Weltrechtsprinzip, lehnen für sich aber jede Unterwerfung unter das Strafgericht kategorisch ab.  Ebenso bedienen sie sich des Prinzips der “Responsibility to Protect” zur Rechtfertigung ihrer Interventionen, lehnen aber jede rechtliche Bindung daraus für sich selbst ab.

Im Jugoslawienkrieg mußte noch ein vorgeblicher Völkermord wenn nicht zur rechtlichen, dann doch zur moralischen Legitimation herhalten. Man erinnert sich noch an den grünen Außenminister Fischer, der in Jugoslawien einen neuen Holocaust zu verhindern vorgab.  Mit der Bezugnahme auf die “Responsibility to Protect” werden wie im Falle Libyens die Eingriffsvoraussetzungen nochmals erheblich herabgesenkt. Als Interventionsgrund reicht die  Parteinahme in einem Bürgerkrieg wegen eines erwünschten Regimewechsels.  In diesem Falle wurde dafür sogar der schon fast beendete Bürgerkrieg durch die Intervention erst wieder angefacht mit seinen dann geschätzten 40 – 60 Tausend Toten.  Die tatsächlichen ethnisch motivierten Übergriffe der Aufständischen gegen die schwarze Bevölkerung in Form von Pogromen und Massakern wurden und werden dagegen ignoriert. (2)

 

Das Veto gegen die Syrienresolution im Lichte der neueren völkerrechtlichen Entwicklungstendenzen.

Der Resolutionsentwurf wurde am 4.2.2012 von Marokko mit Unterstützung der Europäer eingebracht. Rußland machte im Vorfeld deutlich, daß es keine Resolution unterstützen werde, die einseitig in dem innersyrischen Konflikt Partei ergreift. Das Veto löste insbesondere im Westen  eine Welle der Empörung aus. Insbesondere, so betonten westliche Politiker, da der Resolutionsentwurf weder Sanktionen beinhaltete noch ein militärisches Eingreifen autorisierte. Die Resolution enthielt aber indirekt die Aufforderung zum Rücktritt des syrischen Präsidenten. Und unmittelbar vor der Abstimmung forderte der amerikanische Präsident Obama den Rücktritt Assads. Wie wenig die westlichen Beteuerungen über eine angebliche Abmilderung des Resolutionsentwurfs wert waren, zeigte sich an den Reaktionen unmittelbar nach dem Scheitern. Nach dem Veto, so meldete die FAZ am 6. Februar, “haben mehrere westliche Regierungen deutlich gemacht, sie wollten nun außerhalb der Vereinten Nationen auf einen Sturz des syrischen Diktators hinwirken.”   Der Generalsekretär von Amnesty International  Salil Shetty erklärte , Rußland und China hätten ihr Veto-Recht im Sicherheitsrat in völlig unverantwortlicher Weise genutzt und forderte in London, den Internationalen Strafgerichtshof mit Ermittlungen  zu Syrien zu beauftragen. Der Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat auf der Münchener Sicherheitskonferenz umgehend eine Reform des Sicherheitsrats gefordert, “Damit der Sicherheitsrat auch eine konstruktive Rolle in solchen Krisen spielen kann.” (3)

Das Veto Rußlands und Chinas war nach den Erfahrungen mit der Libyen Resolution absehbar, zumal insbesondere Rußland geltend gemacht hatte , daß die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen gewesen seien. Es ist daher durchaus möglich, daß das Veto einkalkuliert war. Mit der herausgehobenen Stellung in dem kollektiven Sicherheitssystem ist der Sicherheitsrat das wichtigste Gremium der Vereinten Nationen als Hüter und Wahrer des Weltfriedens. Alle diplomatischen Versuche des Westens, im Wege einer UN-Reform Interventionsbefugnisse entgegen der UN-Charta völkerrechtlich zu etablieren, sind bisher gescheitert. Mit dem jetzigen Angriff auf die institutionelle Stellung des Sicherheitsrats sollen augenscheinlich die formellen Hindernisse beseitigt und damit der Sicherheitsrat in seiner Eigenschaft als Hüter und Wahrer des Weltfriedens entmachtet werden.

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(1) Gastbeitrag in  FR, 8.11.2011

(2) siehe auch “Grüne verantwortungsvoll für den Krieg”auf diesem Blog

(3) FR, 6.2.2012

Mittwoch, 11. Januar 2012

Merkel und Sarkozy auf Attac-Kurs

 

Selbst das politische Establishment in Europa gerät mehr und mehr in den ideologischen Sog der Protestbewegungen. Nach Heiner Geißler schließen sich nun auch Sarkozy und Merkel  regierungsamtlich der Forderung nach sofortiger Einführung einer Finanztransaktionssteuer an. Attac verfolgt damit seit Jahren die Idee, durch eine erzwungene Entschleunigung der Finanztransaktionen die Spekulation einzudämmen; und neuerdings auch, damit die Krise in den Griff zu bekommen. Dies erinnert ein wenig an das Konzept  der Brüsseler Bürokratie, eine drohende Klimakatastrophe mit dem Verbot der Glühbirnen abzuwenden.

Die Vorstellung, die Spekulation sei in dem absoluten Tempo der (computergesteuerten) Finanztransaktionen begründet, verkennt gründlich das Wesen der kapitalistischen Konkurrenz. Mir fällt dazu folgende Anekdote ein, die der inzwischen verstorbene ehemalige Konzernchef von Sony, Norio Ohga, sinngemäß so auf seinen Wirtschaftsvorträgen erzählt haben soll:

Zwei Manager und ein Löwe

Zwei Manager sind in der Wüste ausgesetzt und bemerken, daß sie von einem Löwen verfolgt werden. In diesem Moment erscheint ihnen eine gute Fee und gibt jedem der beiden Managern einen Wunsch frei. Der erste Manager wünscht sich spontan ein Paar Nike Sportschuhe. Aber, fragt ihn die gute Fee, damit bist du doch auch nicht schneller als der Löwe. Das nicht, sagt der Manager, aber schneller als der Kollege.

Freitag, 23. Dezember 2011

Die Finanzkrise ist eine Krise des Nationalstaates

Vorbemerkung: Unter der Rubrik Finanzkrise sollen mehrere Beiträge erscheinen, die sich mit den Auswirkungen der Krise auf die politische Entwicklungstendenzen befassen, insbesondere auf das Schicksal der Demokratie. Nachfolgend befasst sich der erste Beitrag mit der grundsätzlichen Abhängigkeit der Politik von den ökonomischen Bedingungen und den Auswirkungen der Krise auf die Zukunft des Nationalstaats.

Der Beitrag gliedert sich in zwei Teile. Der erste Teil befasst sich damit, wie die Politik mit ihren bisherigen Bemühungen der Krisenbewältigung in die widersprüchliche Dynamik der Krisenentwicklung selbst eingebunden ist und daran scheitern muß. Der zweite Teil versucht aufzuzeigen, wie die Entwicklung der Finanzmärkte eine grundsätzliche politische Neuordnung Europas als Antwort auf die Krise erzwingen und welche Gefahren dies für die Demokratie beutet.

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Teil I

Die Widersprüche der Politik sind die Reflexe der Widersprüche der Finanzwirtschaft

Die bisherige politische Antworten der Politik auf die Krise haben Europa und die politische Kultur schon tiefgreifend verändert, aber sie haben die Krise nicht bewältigt. Die Maßnahmen reichten von den ersten Konjunkturpaketen wie die sog. Abwrackprämie, die unter dem Blickwinkel des heute vorherrschenden Sparzwangs verschwenderisch und absurd erscheinen. Inzwischen sind sie angekommen bei dem sog. Fiskalpakt, der sich aber aller Voraussicht nach als nicht ausreichend erweisen wird. Trotz aller Maßnahmen dreht sich die Krisenbewältigung im Kreis und droht wieder dort anzukommen, von wo aus sie ihren Anfang nahm.

Von der Finanzkrise zur Staatsschuldenkrise

Nach der überwunden geglaubten sog. Finanz- oder Bankenkrise kam sie mit der drohenden Staatspleite Griechenlands in veränderter Form als Euro- oder Staatsschuldenkrise zurück. Die Politik reagierte auf die Überschuldung Griechenlands im Wesentlichen mit zwei Instrumenten. Zum einen mit der Einrichtung von Rettungsfonds und zum anderen mit direkten Eingriffen in die staatliche Haushaltspolitik über die EU und den Internationalen Währungsfonds (IWF). Mit letzteren waren erhebliche Eingriffe in den Kern nationaler und staatlicher Souveränität verbunden. Berührt war die Finanzhoheit der Staaten, dem “Allerheiligsten” staatlicher Souveränität nicht nur in dem Nehmerland Griechenland, sondern über den Haftungsmechanismus auch in den Geberländern, so daß in der Bundesrepublik Deutschland schon das Bundesverfassungsgericht eingreifen mußte. Die “Rettungsmaßnahmen” für Griechenland stießen sofort auf erheblichen Widerstand der Bevölkerung, vor allem in Griechenland, aber nicht nur dort. Mit der Zuspitzung der Krise erhielten Protestbewegungen neuen Auftrieb. Mit dem ersten machtvollen Auftreten der Occupy-Bewegung erntete diese viel Sympathie, da sie sich energisch gegen das Zentrum des Übels, das Nervenzentrum des “Raubtierkapitalismus”, gegen die verhaßte Finanzwirtschaft, die Banken aufzulehnen schien. Viele Menschen in Europa hatten es satt, daß die Rettungsgelder immer gigantischere Größen annahmen, da doch jeder weiß, daß damit neben der heimischen Exportwirtschaft in letzter Konsequenz die Banken gestützt werden sollen. Selbst die griechische Regierung hat mit den europäischen Rettungsgeldern eigene Bankenrettungsprogramme finanziert. Sollte dies aber heißen, die Bewegung fordert die Einstellung der Rettungsmaßnahmen für Griechenland? Mitnichten! Scherte auch nur eine einzelne Stimme in der Politik aus dem einstimmigen Chor des Rettungswahns aus, wurde diese sofort in Ecke des rechten Populismus gestellt.

Handlungsalternativen der Politik

Die Suche nach der richtigen Antwort auf die Schuldenkrise Griechenlands offenbart bereits das ganze Dilemma der Politik. Seit die Schuldenkrise Griechenlands mit Wucht den gesamten Euroraum erschüttert und so ins allgemeine Bewusstsein drang, bewegen sich die alternativen Handlungsmöglichkeiten der Politik im Wesentlichen zwischen zwei Extremen. Das eine Extrem wäre die mehr oder weniger geordnete Insolvenz der überschuldeten Staaten mit allen Konsequenzen bis hin zum Ausscheiden aus der Eurozone. Das andere Extrem ist die die ausufernde Vergemeinschaftung der Schulden, koste es was es wolle.

Wie umgehen mit der Staateninsolvenz im Euroraum?

Eine mehr oder weniger geordnete Insolvenz soll folgendes bedeuten: Staaten refinanzieren sich über Schuldverschreibungen, den sog. Staatsanleihen. Von einer Staateninsolvenz spricht man, wenn sich der Staat über die Ausgabe von Staatsanleihen nicht mehr refinanzieren kann, weil sich keine Investoren mehr auf den Finanzmärkten finden, und er aus eigenen Haushaltsmitteln den Schuldendienst nicht mehr bedienen kann. In einer solchen Situation befand und befindet sich Griechenland. Eine Insolvenzordnung für Staaten, vergleichbar mit einer privatrechtlichen Insolvenzordnung, existiert aber nicht. Die Geberländer hätten durch Einstellung der Hilfszahlungen jederzeit die sofortige und damit ungeordnete Zahlungsunfähigkeit Griechenlands herbeigeführt. Ein Mittelding zwischen ungeordneter und einer rechtsförmigen, geregelten Insolvenz ist die private Gläubigerbeteiligung mit dem sog. Schuldenschnitt. Grundsätzlich ist die geordnete Insolvenz die radikalste Form der privaten Gläubigerbeteiligung, das heißt, der erzwungene Verzicht der Finanzinvestoren auf ihre Forderungen.

Vieles sprach dagegen, Griechenland sehenden Auges der Insolvenz auszuliefern. Zusammengefasst werden die Bedenken mit der Ansteckungsgefahr. Diese drohten in der Tat aus den verschiedensten Richtungen. Mit der Gläubigerbeteiligung an den Verlusten sahen mächtige europäische Staaten ihre eigenen Banken in Gefahr, aber auch z.B. die EZB selbst, die inzwischen die private Finanzwirtschaft von vielen sog. Schrottpapieren entlastet hat. Außerdem drohte ein Dominoeffekt, weil die Finanzmärkte nicht mehr hätten darauf vertrauen können, daß die die anderen “Wackelkandidaten” gerettet werden würden. Die Politik marschierte daher geschlossen in die andere Richtung mit der Folge eines sich immer mehr aufblähenden Rettungsschirms. Die öffentliche Debatte bewegte sich dann genau zwischen den beiden Extremen.

Die eine Seite beschwor die Gefahr der Insolvenz auch nur eines Staates und verwies auf die Erfahrung mit den verheerenden Folgen des willentlich geduldeten Zusammenbruchs der Lehman-Bank. Die andere Seite sah dagegen in dem ständigen Anwachsen der Rettungspakete die eigentliche Gefahr, weil sich darin nicht nur ein einzelner Staat, sondern gleich ganz Europa verheben könnte mit noch verheerenderen Folgen.

Die Antworten geben die Finanzmärkte

Während die Wissenschaft und der klassische Liberalismus eher auf dieser Seite stehen, geht die Politik fast geschlossen den Weg einer ausufernden Vergemeinschaftung der Schulden. Auf diesem Weg in die Transferunion wird eine um die andere eherne Rechtsinstitution zu Fall gebracht. Verstoßen wird mehr oder weniger offen gegen die “no-bail-out-Klausel” des Maastricht Vertrags. Auf die EZB wird unverhohlen politischer Druck ausgeübt und so die Unabhängigkeit der Zentralbank unterhöhlt, und entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung auf die Geldwertstabilität wird sie zunehmend zum Instrument der monetären Staatsfinanzierung , derzeit vor allem durch die Stützungskäufe von Staatsanleihen. Ebenso generös setzt sich die Politik über die Souveränität staatlicher Haushaltspolitik hinweg. Begleitet wird dieses Ringen der Politik beständig von den Reaktionen der Finanzmärkte. Jedes Zögern auf dem Weg in die Haftungsgemeinschaft und die Zentralisierung der Haushaltsaufsicht über die Länder lässt die Aktienkurse fallen und die Risikoaufschläge für Staatsanleihen steigen.

Um jede Detailfrage wird politisch gerungen Und jedes Mal bleibt ein Stück liberaler Wirtschaftspolitik auf der Strecke. Bei jeder Maßnahme zeigt es sich aber auch, daß es die eine richtige Maßnahme zur Krisenbewältigung nicht gibt. Jede Maßnahme hat unerwünschte Nebenwirkungen, oder noch deutlicher, jede Maßnahme birgt den Keim des Gegenteils in sich. Die private Gläubigerbeteiligung an der Schuldentilgung untergräbt das Vertrauen der Finanzmärkte. Die Hebelung staatlicher Rettungspakete erschließt vielleicht neue Finanzquellen von Investoren, aber nur um den Preis höherer Haftungsrisiken für die öffentlichen Haushalte. Die privaten Finanzmärkte entziehen sich der privaten Haftung wie ein glitschiger Fisch dem Zugriff mit der bloßen Hand.

Die Sparzwänge in der Haushaltspolitik würgt in den betroffenen Ländern die Konjunktur ab und damit neue Finanzquellen. Und jede Rettungsmaßnahme verschärft die Haushaltsbelastung in den Geberländern. Nicht zuletzt deswegen drohen die Ratingagenturen auch diesen mit der Herabstufung Die drohenden Herabstufungen machen dann die Hilfsprogramme in Kombination mit den Sparprogrammen noch dringlicher.

 

Von der Staatsschuldenkrise zur Finanzkrise

Das Krisenmanagement bewegt sich daher in in nicht aufzulösenden Widersprüchen. Der EZB Vizepräsident Constancio hat gerade erst (am 18.12.2011) vor der Instabilität des Finanzsystems gewarnt und dabei als größtes Risiko die “negativen Wechselwirkungen zwischen den anfälligen Staatsfinanzen, dem Finanzsektor und dem Wirtschaftswachstum” bezeichnet (1) Mit anderen Worten, die EZB sieht die Gefahr des Durchgreifens der Schuldenkrise auf die sog. Realwirtschaft über die schwierige Lage des Finanzsektors, wenn es dadurch zu einer Kreditklemme käme. Ein Index, der die “vermutete Wahrscheinlichkeit von mehreren gleichzeitigen Zusammenbrüchen großer Banken abbildet”, sei “ auf ein Rekordhoch gestiegen.” (1) Infolge dieser Widersprüche scheint sich das Krisenmanagement der Politik in einem Kreislauf zu bewegen. Als Finanzkrise hat sie begonnen, und über die Konjunktur- und Bankenrettungspakete ist sie zu einer Staatsschuldenkrise geworden. Und hieraus resultiert wiederum die Gefahr einer neuen Finanzkrise, auf dem Weg zu einer Krise der “Realwirtschaft”.

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Die Finanzkrise ist eine Krise des Nationalstaats Teil II

Die Finanzmärkte erzwingen die Neuordnung Europas – zu ihren Bedingungen

Das Wesen der kapitalistischen Krise offenbart sich in der Vernichtung von Werten, weil der sich beständig beschleunigende Verwertungsprozeß an irgendeinem Punkt ins Stocken gerät. Das Rettungsprinzip der Politik versucht, diese marktwirtschaftlichen Gesetze zu überlisten, indem es mit öffentlichen Geldern den Kreislauf am Leben erhält und dafür die Akteure aus der Haftung entlässt. 

Der Staat als Gesamtschuldner der Privatwirtschaft

Die Verluste aus der Vernichtung von Werten werden dabei in immer größerem Maßstab sozialisiert bis der Staat, oder besser das öffentlich-rechtliche Gemeinwesen, als eine Art gigantische Bad-Bank auf einem Haufen wertloser Schuldtitel sitzt, oder die Krise mit Hilfe monetärer Staatsfinanzierung, also mit der Druckerpresse, bekämpft. Der Staat wird so faktisch zum Gesamtschuldner für alle Forderungsausfälle der Privatwirtschaft.

Auch die Bundesregierung geht diesen gesamteuropäischen Weg mit, dies jedoch teils zögerlich und unwillig. So hat sie sich relativ hartnäckig für die Einbeziehung privater Gläubiger bei einem Schuldenschnitt Griechenlands eingesetzt. In einigen zentralen Punkten widersetzt sie sich bis heute einer institutionalisierten Transferunion, der Einführung von Eurobonds (Gemeinschaftsanleihen) sowie Maßnahmen, die die direkte oder indirekte monetäre Staatsfinanzierung ermöglichen würden. Dies wäre etwa bei einer Banklizenz für den permanenten Rettungsfonds ESM der Fall. Diese Zaudern bei der Neuordnung Europas hat ihr die geballte Opposition der linken Parteien, namentlich der SPD und der Grünen, eingebracht.

Vom Fiskalpakt zur Transferunion

Das vorläufige Zwischenergebnis dieser Politik ist der auf dem letzten EU-Gipfel beschlossenen Fiskalpakt. Dabei handelt e sich um einen Kompromißlösung. Die Politik der Bundesregierung knüpft daran die Hoffnung, mit einzelnen Zugeständnissen den Durchbruch zur Transferunion zu verhindern. Für die Oppositionsparteien SPD und Grüne ist er allenfalls eine unzulängliche Zwischenlösung.

Endgültig hat sich die europäische Politik damit von der privaten Gläubigerbeteiligung verabschiedet. Es wurde auch eine weitere Aufstockung der Rettungspakete beschlossen, die aber schamhaft versteckt wird über eine Zwischenfinanzierung über den IWF. Im Kern geht es bei dem Fiskalpakt jedoch um die Vereinbarung von Durchgriffsrechten der EU in die Haushaltsaufsicht der Staaten zur Durchsetzung der Haushaltsdisziplin und der Schuldenbremse. Diese Vereinbarung wurde aber in einem zwischenstaatlichen Vertrag geschlossen und widerspricht geltendem EU-Recht, so daß es auf diese Weise im Ernstfall gar nicht durchgesetzt werden kann.

Die verhaltenen Reaktionen an den Finanzmärkten spiegelt die Unzufriedenheit mit diesem halbfertigen, unausgegorene Zwischenprodukt wider. Die Finanzmärkte schreien geradezu nach einer ordentlichen Haftungsgemeinschaft, und dafür müssen die EU-Verträge geändert werden. Dafür muß eine ganz neue Ordnung her! 

“Eine große Idee für Europa” (Claudia Roth auf dem Grünen Parteitag)

Formuliert wird dieses Verlangen in Deutschland gegenwärtig von der SPD und den Grünen, die bedingungslos diese Haftungsgemeinschaft fordern, je schneller desto besser. Mit etwas weniger Pathos als Claudia Roth hat sie Siegmar Gabriel gerade in der FAZ vorgetragen mit einem Artikel unter der Überschrift “Was wir Europa wirklich schulden.” (2) 

“Europa neu denken” (Siegmar Gabriel)

Siegmar Gabriel schreibt, “Wer Europa neu denken und den europäischen Gründungsgedanken neu beleben will, der muß zuerst auch politische und kulturelle Attitüden verändern.” Das wird wohl so sein, denn um eine politische und kulturelle Einebnung wird es bei diesem nächsten Schritt der europäischen Integration gehen. Daß er den europäischen Einigungsgedanken ausgerechnet in Schulden aufwiegt, ist vielleicht eine unbeabsichtigte Überpointierung. Jedenfalls spricht er klar aus, um was es bei dieser weiteren Integration geht. “Ohne eine europäische Antwort mit einer echten Fiskalunion und ohne einen europäischen Schuldentilgungsfonds wird die Krise der Staatsfinanzierung in der Eurozone nicht beendet werden.” Nur, wie verträgt sich diese vom Finanzkapital erzwungene Neuordnung Europas mit dem Pathos und vor allem mit einem der Grundpfeiler europäischer Zivilisation – der Demokratie? Siegmar Gabriel schlägt vor, daß künftig das EU-Parlament den Kommissionspräsidenten wählt und die Staats- und Regierungschefs nur noch eine zweite Kammer des Parlaments bilden, eine Art wie er sagt “europäischer Bundesrat”. Natürlich sieht auch er, daß damit ein bewußter Verzicht auf “bislang rein nationale Souveränitätsrechte” verbunden wäre. Damit das ganze demokratisch bleibt, sollen die Bürger über diesen Verzicht “abstimmen dürfen”. Dies erinnert an den Vorschlag Papandreous, der den Griechen die Möglichkeit einräumen wollte, per Volksentscheid über die Aufgabe ihrer nationalen Souveränitätsrechte und eines von der EU verordneten Sparpakets abzustimmen bei Strafe des finanziellen Zusammenbruchs. Und dennoch, die Entwicklung gibt ihm recht. Siegmar Gabriel liefert in erstaunlicher Offenheit die Begründung dazu. “Weder die Kreditgeber an den Finanzmärkten glauben bisher an die Wirksamkeit der vorgeschlagenen Lösungen noch die Staaten außerhalb Europas, bei denen wir um den Ankauf europäischer Staatsanleihen geradezu gebettelt haben.”

 

Die Verwandlung der EU in Finanzprotektorate

Bei den Halbheiten auf dem gegenwärtigen Weg kann nicht stehengeblieben werden, vor allem was die Durchgriffsrechte gegen nationale Eigenheiten angeht. Teilweise funktioniert dies allerdings schon. In Griechenland wurde unter Führung eines Finanztechnokraten eine Regierung “der nationalen Einheit” (!) gebildet, die ihre Anweisungen direkt von der EU-Zentrale erhält und das Regime im Sinne einer europäischen Zentralgewalt führt. Ähnlich in Italien. In Griechenland tragischer Weise nicht trotz, sondern irgendwie sogar wegen des geschlossenen Aufbegehrens eines ganzen Volks. Diese technokratische Ausnahmeregierungen sind die Vorboten künftiger Finanzprotektorate, in die sich das neue Europa verwandeln wird. Die gegenwärtige Finanzkrise ist politisch daher vor allem eine Krise des Staates in der herkömmlichen Form und damit der Demokratie.  Das entwickelte Finanzkapital sprengt die Fesseln des Nationalstaats.

Mit der Verfassung ist das alles nicht vereinbar. Obwohl es (noch) nicht offen ausgesprochen wird, mit der neuen Ära zeichnet sich auch das Aus für das Grundgesetz ab sowie die kalte Entmachtung des Bundesverfassungsgerichts. Ein Angriff auf den Verfassungsstaat ganz anderer Art.

 

Nicht Raubtierkapitalismus, sondern Globalisierung und Privatisierung

Es erscheint paradox, daß gerade die gesellschaftliche Linke diese Entwicklung nachhaltig fordert und fördert. Rhetorisch meint sie, die geballte Kraft Europas gegen die Spekulanten in Stellung zu bringen, tatsächlich betreibt sie mit der politischen Neuordnung Europas die weitere Verschmelzung der Staaten mit den Finanzmärkten. Es sind die gleichen Talkshowpolitiker, die sich des öffentlichen Beifalls sicher sein können, wenn sie gegen die Spekulanten wettern und das Wort “Zocker” nur in den Mund nehmen. Es sind diejenigen, die in überschäumendem Radikalismus dem Wort Kapitalismus den Zusatz “Raubtier-“ verpasst haben, um damit wie Siegfried als Drachentöter zu erscheinen. Auf diese Weise versuchen sie, ebenso hilflos wie ohnmächtig die Probleme zu personalisieren, die in Wahrheit die die gesetzmäßigen Folgen des hochentwickelten Kapitalismus mit seinem entwickelten Geld- und Kreditwesen sind. Die Beschleunigung des Geldverkehres mit der einhergehenden Risikoanfälligkeit ist nicht das Produkt unmoralischer Gier Einzelner, sondern folgt den inneren Zwangsgesetzen der kapitalistischen Konkurrenz.

Man kann sagen, daß sich das Finanzkapital die Neuordnung nach seinen Bedingungen erzwingt, weil es sich der Staaten fast vollständig bemächtigt hat. Man kann aber auch umgekehrt sagen, die Staaten sind bereits so tief in die Verwertungsprozesse des Kapitals integriert, daß sie notwendigerweise selbst als Finanzakteure auf den Finanzmärkten agieren müssen. Die Funktionen des öffentlichen Gemeinwohls und die Vertretung privatwirtschaftlicher Interessen sind bereits so miteinander verflochten, daß sie immer ununterscheidbarer werden. Die Lösung privatwirtschaftlicher Probleme mit öffentlichen Geldern - wie etwa die Bankenrettung - erscheint daher als Aufgabe des öffentlichen Gemeinwohls. Der auferlegte Sparzwang der öffentlichen Haushalte ist genau besehen auch zweideutig. Der Sparzwang hat seine Ursache ja nicht in einer plötzlichen Verarmung der hochentwickelten kapitalistischen Länder. Erstaunlicherweise übersteigt in fast allen europäischen Ländern das private Nettofinanzvermögen die Staatsverschuldung, teilweise sogar erheblich. In Deutschland etwa beträgt das private Nettofinanzvermögen 127 % des Bruttoinlandsprodukts im Verhältnis zu einer Staatsverschuldung von 82% zum BIP. (in Portugal 123% zu 102% usw.) (3) . Die Sparhaushalte dienen im Übrigen der Schuldentilgung und sind daher begleitet von einer ständigen Erhöhung der Schuldentilgungsfonds und damit immer neuen Haushaltsbelastungen. Im Ergebnis handelt es sich um eine forcierte Umschichtung von öffentlichen Geldern in die Privatwirtschaft. (was hier übrigens nicht unbedingt gleichzusetzen ist mit einer Umverteilung von unten nach oben.) Diese Umschichtung hat nicht erst mit der Bankenrettung begonnen, sondern bereits mit den Konjunkturpaketen, mit der Entbindung der Unternehmen von der Lohnzahlungs- und Abgabenpflicht, über die Kurzarbeitsprogramme, mit der Standortsicherung für Großunternehmen usw. .Damit wurden in großem Umfang auch erhebliche Klientelinteressen bedient.

Die linke Vision von einer Neuordnung Europas ist apologetisch. Sie spiegelt nur die notwendigen Anpassungsprozesse an die globalisierte Finanzwirtschaft wider, die die Marktgesetze des entwickelten Finanzkapitalismus erzwingen. Die weitere, krisenbedingt sprunghafte Integration der Europäischen Gemeinschaft kommt einer Privatisierungswelle gleich. Dabei geht es nicht mehr nur um die Privatisierung einzelner Segmente öffentlicher Gemeinwohlaufgaben, sondern strukturell um die Privatisierung der Staaten selbst. Da die Politik diesen gesellschaftlichen Entwicklungsgesetzen ohnmächtig gegenüber steht, werden die Probleme, die aus den gesellschaftlichen Verhältnisse resultieren, personalisiert und in die Sphäre des Moralischen erhoben. So treibt man die Entwicklungen voran, deren größter Kritiker man zu sein meint.

In die gleiche eigentümliche Dialektik sind auch die neuen Protestbewegungen, namentlich die Occupy-Bewegung, verwoben. Aber das ist Thema eines weiteren Beitrags

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(1) FAZ, 19.12.2011

(2) FAZ, 13.12.2011

(3) FAZ, 15.12.2011

Samstag, 10. Dezember 2011

Grüne – verantwortungsvoll für den Krieg

 

“Verantwortungsvolle Einmischung”

so zieht Tom Koenigs, grüner Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Resümee aus dem Natokrieg gegen Libyen. In Libyen habe die internationale Gemeinschaft bewiesen, dass der Schutz von Zivilisten vor Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit kein leeres Versprechen ist.“ meint er in einem Gastkommentar in der FR vom 8.11.2011.  Die Schutzverantwortung der internationalen Staatengemeinschaft rechtfertige die bewaffnete Intervention. Seine “völkerrechtliche” Ableitung des Kriegsgrundes ist so simpel wie brutal. Weil Gaddafi “einen Machtverzicht prinzipiell ablehnte”, habe er “die leiseste Hoffnung auf eine Verhandlungslösung zunichte gemacht”, um die sich die “internationale Staatengemeinschaft” bemüht habe.  Daher sei dann auch der “Regimewechsel” legitimes Kriegsziel gewesen. Nun, damit war die Nato erfolgreich.

 

Die “Ratte Gaddafi” gelyncht – und die Bevölkerung massakriert

Am 20.10.2011 zeigte der Sender Al Arabia eine Betonwand in Sirte mit der Aufschrift, “Dies ist der Platz der verfluchten Ratte Gaddafi – Gott ist groß.” Davor sind zwei Leichen auf den Bildern zu sehen. (t.online.de, AFP und dpa, 20.10.2011) Eine Hinterlassenschaft der Rebellenmilizen in der völlig zerstörten Heimatstadt Gaddafis, nachdem sie von den Natobombern in die Finsternis gebombt wurde “blasted into the Dark Ages” (Wyre Davis in BBC News v. 26.10.2011, www.bbc.co.uk) Im Stadtzentrum wurden mehr als 50 Leichen von Zivilisten, Frauen und Kindern unter den Trümmern eines mehrstöckigen Gebäudes gefunden, das von einem Nato Luftangriff engeebnet wurde. (alarabia.net, AFP 29.10.2011) Mitarbeiter von Human Rights Watch sind am 23.10.2011 in der Nähe eines Hotels auf 53 Leichen gestoßen, die einem mutmaßlichen Massaker  durch die Ex-Rebellen zum Opfer gefallen sind. (nachrichten t.online.de, AFP 24.10.2011) Lt. BBC News vom 26.10.2011 “erschossen mit hinter dem Rücken verbundenen Händen.” Voice of Russia berichtet darüber hinaus von einem Massengrab von 247 Toten, das auf einem Hotelgelände in Sirte von Mitarbeitern von Menschenrechtsorganisationen gefunden wurde. (30.10.2011). Die genannten Online Medien berichteten weiter von Vertreibungen unbewaffneter Zivilisten, ja der Einwohnerschaft ganzer Städte wegen der Loyalität zu Gaddafi.

 

Massenmedien im Dienste der Kriegspropaganda

Diese Meldungen geben nur einen kleinen Ausschnitt aus der Nachrichtenlage nach der Einnahme von Sirte durch die sog. Rebellenmilizen wieder und erst recht über die Greuel des Krieges insgesamt. Da die Greueltaten aber nicht von dem sog. Gaddafi-Regime begangen wurden, versickerte die Blutspur in einem dünnen Nachrichtenrinnsal in den Massenmedien, wonach sich der Übergangsrat um Aufklärung einiger ungeklärter Vorkommnisse bemühe. Die Verbrechen der Nato bleiben ebenso unerwähnt wie die illegale Gefangennahme tausender Personen, von denen übereinstimmend Voice of Russia (24.11) und alarabia.net. (23.11.2011) unter Berufung auf AFP berichteten. Die Informationen entstammen dem UN-Bericht, der Ban Ki-moon zur Vorlage an den Sicherheitsrat übergeben wurde.

Erst mit Verspätung wurden einige Informationen aus dem UN-Bericht dann wenig spektakulär gemeldet und gelangten wenigstens auf die hinteren Seiten einiger Tageszeitungen. Am 30.1.2011 berichtete die RNZ von Folter in den Gefängnissen der Rebellenmilizen und von Verdächtigungen alleine aufgrund der Hautfarbe. Am 1.12.2011 berichtete dann die FAZ recht ausführlich von dem “UN-Bericht zu Rassismus in Libyen” und von siebentausend Schwarzafrikanern, darunter Frauen und Kindern, die seit Gaddafis Sturz ohne Zugang zu Anwälten inhaftiert sind.

 

Den Völkermord verhindert’?

Die Natointervention habe den Völkermord verhindert, meint Tom Koenigs. Warum? Weil Gaddafi die (bewaffneten) Rebellen als Kakerlaken und Ratten beschimpft habe. Das reicht ihm. Ebenso wie dem “linken Philosophen” Bernard Henry Levy, kurz BHL, der “in Libyen zum Feldherrn geworden” ist. (Stefan Ulrich in www.süddeutsche.de, 12.11.2011) und der die Verhinderung des Völkermords sich gleich selbst und seiner Kumpanei mit Sarkozy ans Revers heftet. “Immer die Menschenrechte in seinem Tornister”, “propagiert er die Pflicht der Weltgemeinschaft, diese notfalls gewaltsam zu verteidigen.” (SZ. s.o.)

Dabei waren rassistische Pogrome der Rebellen gegen Schwarzafrikaner früh erkennbar und der Völkermord damit virulent. Aber eben nicht durch das sog. Gaddafi-Regime. Gunnar Heinsohn, Autor des “Lexikons der Völkermorde” (1998) zitierte in der FAZ vom 22.3.2011 den bekannten Journalisten und Dokumentarfilmer Farai Sevenzo aus Zimbabwe, der regelmäßig u.a. für die BBC arbeitet: “Ein türkischer Bauarbeiter sagte zu BBC ´Wir hatten siebzig bis achtzig Leute aus dem Tschad in unserer Firma. Sie wurden mit Baumscheren und Äxten niedergemetzelt und von den Angreifern beschuldigt, für Gaddafi Truppen zu stellen. Auch die Sudanesen wurden massakriert. Wir haben es selbst gesehen.`” Farai Sevenzo kam schon damals, im Februar 2011, zu dem Schluß, “Weil vermutlich Söldner aus dem Tschad und Mali für ihn (Gaddafi) kämpfen, sind eine Million afrikanischer Flüchtlinge und Tausende afrikanischer Wanderarbeiter in Gefahr, ermordet zu werden.” (FAZ, s.o.)

 

Die Nato – internationale Brigade der Weltrevolution

Die grüne Fraktion des Europaparlaments protestierte seinerseits umgehend gegen das Abstimmungsverhalten Deutschlands im Sicherheitsrat. Der prominente grüne Abgeordnete des Europaparlaments, Daniel Cohn Bendit, rief mit Bernard Henry Levy und den sog. antitotalitären Intellektuellen in der “Le Monde”  zur bewaffneten Intervention auf. Als liberalen Gelegenheitspazifismus geißelte Joschka Fischer auf der Lit.Cologne in Köln die Enthaltung der Bundesrepublik, “ein Riesenfehler” und verglich die Lage in Libyen mit der auf dem Balkan. (FAZ, 23.3.2011) Rassistische Pogrome, Folter und illegale Verhaftungen, extralegale Tötungen, über zehntausend Bomben- und Raketenangriffe der Nato und inzwischen auf vierzigtausend geschätzte Kriegstote, die grün-linke Schickeria geht mit einer bemerkenswerten Nonchalance mit dem Krieg um, als handele es sich um eine Montagsdemo. Die Welt mit Waffengewalt zu verbessern,  sei “eigentlich ein linkes Programm”, meinte Fischer auf dem Kölner Literatur Fest, “so wie ich es in meiner linksradikalen Siebziger-Jahre-Zeit gehabt hatte.” (FAZ, s.o.) Und BHL sieht sich “auf den Spuren eines Malraux im Spanischen Bürgerkrieg” (SZ, s.o.) Schon haben die Revolutionäre den nächsten Feind im Visier. “Assad est le prochain sur la liste” (Bernard Henry Levy), “Auch in Syrien wäre ein Eingreifen legitim.” (Tom Koenigs) und in Iran…und … Der Kampf geht weiter!

Montag, 7. November 2011

Zum Tod Gaddafis

Am 21. Oktober 2011 bejubelten die Medien den Tod Gaddafis . “Jubel in Libyen” betitelte die Frankfurter Rundschau ihre Frontseite. Im Leitartikel dieser Seite befasste sich eine Frau Julia Gerlach ebenfalls mit diesem Thema unter der Überschrift “Ein Grund zu feiern.” “Der Tod von Muammar al-Gaddafi ist erst einmal ein Grund für eine Party.” meine sie.

Auch der Leitkommentar der Heidelberger “Rhein-Neckar-Zeitung” desselben Tages feierte den Tod Gaddafis als “Tag der Befreiung”. Damit sei ein “wichtiges Kapitel des arabischen Frühlings abgeschlossen.” Allerdings bestünden noch offene Fragen, von denen die RNZ folgende ins Zentrum rückte: “Wieso wurde er nicht – wie im UN-Mandat vereinbart – vor Gericht gestellt? Zwar wäre ihm, dem Massenmörder”, so der Kommentar weiter, “auch dann das Todesurteil sicher gewesen. Aber das zerstörte Libyen hätte Gelegenheit gehabt, seine jüngere Geschichte aufzuarbeiten.”

Dieser Kommentar gab Anlaß für folgenden Leserbrief an die Redaktion der RNZ:

Befremdlich

Die medialen Freudenschüsse in der westlichen Welt über Gaddafis Tod lassen einen schaudern, deuten die Umstände doch auf einen barbarischen Akt der Lynchjustiz. Solch feinsinnige rechtsstaatliche Distinktionen scheinen im revolutionären Übereifer keine Rolle mehr zu spielen. Nach dem Kommentar von Klaus Welzel (RNZ v. 21.10.2011) hätte Gaddafi nach dem UN-Mandat eigentlich vor Gericht gestellt werden sollen. Aber auch dort wäre ihm ein Todesurteil sicher gewesen, so Welzel. So kommt es also auch schon nicht mehr drauf an. Bestürzend, wie sich hier der Wertewandel in der westlichen Welt offenbart. Das Gericht als Revolutionstribunal, bei dem das Todesurteil schon vorher feststeht! Was spielt es da noch für eine Rolle, dass der Internationale Strafgerichtshof die Todesstrafe gar nicht vorsieht?”

Der Leserbrief – wohl der erste, den ich je geschrieben habe, wurde selbstredend nicht abgedruckt und gab daher einen weiteren Impuls für diesen im Aufbau befindlichen Blog.

Tatsächlich wurde vor Beginn der Natointervention in Libyen Anklage gegen Gaddafi vor dem Internationalen Strafgerichtshof erhoben, und zwar auf Betreiben des Sicherheitsrats. Getragen war die Anklage damit im Wesentlichen von den Interventionsmächten selbst. Der Luftkrieg  der Nato war immer auch eine gezielte Jagd auf Gaddafi und – in einer Variante der Sippenhaft – auf seine Familie. Am 26.4.2011 meldete dieselbe Zeitung  (RNZ) beispielsweise: “Mit neuen Luftangriffen auf Tripolis hat die Nato Gebäude einer Residenz des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi in Schutt und Asche gelegt. Dabei wurden nach offiziellen libyschen  Angaben 15 Menschen schwer verletzt.” Am 2.5.2011 wurde bei einem gezielten Luftangriff der Nato auf ein Haus in Tripolis  der Sohn Saif al-Arab al Gaddafi getötet, ein an der Politik nicht beteiligter Mensch, der angeblich in München ein Jetsetleben führte. Klaus Welzel, der schon zitierte Kommentator der RNZ kommentierte schon damals unter dem Titel “Der tote Sohn” , “Es hieße Krokodilstränen  weinen, würde man in besonderer Erschütterung den Tod von Gaddafis Sohn betrauern.” (RNZ v. 2.5.2011)  Die Rhein-Neckar-Zeitung zitierte in der gleichen Ausgabe sinnigerweise die Äußerungen des US-Senatsabgeordneten Lindsay Graham, der laut RNZ der britischen Zeitung “The Economists”  gegenüber geäußert hat, “Geht nach Tripolis, beginnt Gaddafis engeren Zirkel zu bombardieren,” und weiter,  “Ich denke, es sollte im Mittelpunkt stehen, der Schlange den Kopf abzuschlagen. Das ist der schnellste Weg, diese Sache zu beenden.” (RNZ v. 2.5.2011) Die Nato hat jetzt auch sehr schnell zugegeben, daß sie auch den Konvoi bombardiert hatte, in dem sich Gaddafi befand und aus dem heraus er gefangen und sodann gelyncht wurde. Die Anklage vor dem Internationalen Strafgerichtshof war wie im Falle Jugoslawiens von Beginn an Teil der strategischen Kriegsführung. Die Kriege des Westens nehmen mehr und mehr die Form einer gnadenlosen Menschenjagd an, und die Aggressoren bedienen sich dabei ihrer Weltjustiz mit dem Ziel, die Bewegungsfreiheit des Gegners einzuengen und vor allem, um in der Weltöffentlichkeit eine Vorverurteilung herbeizuführen.

Es verwundert daher wenig, wenn in diesem Klima einer verfallenden Rechtskultur ein mittelmäßiger Kommentator einer regionalen Tageszeitung die allgemeine Verrohung schon so weit verinnerlicht hat, daß für ihn die Justiz schon gar nicht mehr der Klärung einer evtl. Schuldfrage dient, sondern alleine der “Aufarbeitung der Geschichte” in einem Verfahren gegen einen bereits vorverurteilten Angeklagten. “Der schnelle Tod des Hauptfeindes”, meint er im Hinblick auf diese verpasste Gelegenheit, “zeigt eben auch, wie weit das Land nach Jahrzehnten der Tyrannei von einem Rechtsstaat entfernt bleibt.” Der kritische Leser aber sollte sich fragen, wie weit wir uns im Westen von dem Rechtsstaat bereits verabschiedet haben.

Dieser Beitrag wurde von de vorherigen Blog übernommen.

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Zuletzt aktualisiert: 15. Nov, 13:58

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