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Das Bundesverfassungsgericht und die postmoderne Familie II

Vorbemerkung

Dieser Beitrag ist Teil einer Serie von Artikeln, die sich mit verschiedenen Aspekten des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften vom 19.2.2013 (1) befassen. Der vorausgehende Beitrag,  Teil I dieser Serie,  befasst sich sich mit der Problematik einer verfassungsändernden Verfassungsrechtsprechung.  Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich mit den Konsequenzen auf den Grundrechtsschutz, den die Entscheidung weit über die Gestaltung der Rechtsverhältnisse gleichgeschlechtlicher Partnerschaften hinaus hat.

 

II. Eingriff in das Elterngrundrecht  und die Rechte des Kindes durch das Bundesverfassungsgericht

 

Das Urteil wird weitgehend verstanden als ein Beitrag zum Abbau der Diskriminierung von Homosexuellen, indem es gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften verfassungsrechtlich einen Gleichstellungsanspruch auf Elternschaft einräumt. Die Ausweitung des verfassungsrechtlichen Elternbegriffs auf gleichgeschlechtliche Paare berührt aber zugleich auch das Verhältnis von rein rechtlicher zu leiblicher Elternschaft, wobei letztere  mit der Entscheidung ihren bisherigen unbedingten Grundrechtsschutz verliert. Das Urteil geht an keiner Stelle auf Inhalt und Reichweite des privilegierten Ehe- und Familienschutzes nach Art. 6 GG ein. Faktisch wird aber die wertentscheidende Grundsatznorm mit der Einebnung der Ehe und der begrifflichen Ausdehnung der Familie aufgegeben. Das Bemerkenswerte an dem Verfassungsgerichtsurteil ist daher , daß es den Grundrechtsschutz nicht stärkt oder erweitert, wie das etwa mit der Einführung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung der Fall war, sondern daß erstmals durch das Verfassungsgericht selbst  folgenschwer in ein bestehenden Grundrechtsschutz vor allem in dem Verhältnis von Eltern und Kindern eingegriffen wird.

1. Der Grundrechtsschutz aus Art. 6 II 1 GG

Maßgeblich für den Grundrechtsschutz der Eltern-Kind Beziehung ist Art. 6 II 1 GG, in dem es heißt, ,,Pflege und Erziehung sind das natürliche Recht der Eltern.” Aus dieser Vorschrift folgt sowohl das Elterngrundrecht wie das subjektive Gewährleistungsrecht des Kindes auf elterliche Pflege und Erziehung. Sowohl die herrschende Meinung wie die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgerten aus der Formulierung eines natürlichen Rechts, daß dieses ein dem Staat vorgegebenes Recht ist, das weder von ihm verliehen wird noch sonst wie zu seiner Disposition steht und dessen Träger diejenigen sind, die dem Kind das Leben geben. (2)

Nach diesem Verständnis bestimmt sich auch das Verhältnis von Staat und Familie. Die Familie, und insbesondere die Kernfamilie von Eltern und ihren Kindern, ist nach traditionellem Verständnis der geschützte private Bereich schlechthin, in den der Staat nur in in extremen Ausnahmefällen, etwa bei eklatanter Kindeswohlgefährdung, eingreifen darf. Diese Grundrechte hat das Bundesverfassungsgericht mit der Adoptionsentscheidung aufgehoben und damit das Verhältnis von Staat und Familie  neu bestimmt. Vor allem  fallen nun dem Staat entscheidende Eingriffsbefugnisse in die Familie und die hoheitliche Gestaltungsbefugnisse in den privatesten Lebensverhältnissen der Menschen zu.

2. Die fragwürdige Neuinterpretation des Art. 6 II 1 GG durch das Bundesverfassungsgericht

Die Neuinterpretation stützt das Bundesverfassungsgericht auf einen Kunstgriff. Weil Art. 6 II,1 GG von Eltern spricht und nicht von Mutter und Vater, sei der verfassungsrechtliche Elternbegriff grundsätzlich geschlechtsneutral und das Grundgesetz offen für gleichgeschlechtliche Elternschaft. Weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte  können diese Auslegung rechtfertigen. Das Bundesverfassungsgericht räumt in dem Urteil selbst ein, daß zum Entstehungszeitpunkt des Grundgesetzes die Erstreckung des Elternbegriffs auf gleichgeschlechtliche Elternpaare, ,,schlicht außerhalb es damaligen Vorstellungshorizonts “ des historischen Verfassungsgebers lag. Damit konnte wegen der Selbstverständlichkeit des Elternbegriffs  auch nur die verschiedengeschlechtliche Elternschaft gemeint sein.  Auch wenn sich die Einstellung gegenüber Homosexuellen seither zu Recht gewandelt hat, folgt daraus weder verfassungsrechtlich noch nach der Verkehrsauffassung die Aufgabe des komplementären Elternbegriffs.

Mit der verfassungsändernden Rechtsprechung greift das Bundesverfassungsgericht eigenmächtig in die Grundlagen einer gewachsenen (und im übrigen verfassungsrechtlich geschützten) Rechtskultur ein, die es alleine auf einen geänderten Zeitgeist stützt. Zwischen der Aufgabe des komplementären Elternbegriffs und der Einstellung zur Homosexualität besteht aber kein direkter Zusammenhang. In Frankreich hat die Einführung des Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche Paare zu einer mächtigen Gegenbewegung geführt unter der Losung ,,ein Kind braucht eine Mama und einen Papa”, die sich nicht per se gegen Homosexuelle, sondern gegen die  institutionelle Aufhebung der traditionellen Familie richtet. Der Kulturkampf in dem mitteleuropäischen Land Frankreich zeigt zudem, wie unzuverlässig die Berufung auf den vermeintlichen Zeitgeist ist, wenn es um einen verfassungsrechtlich geforderten gesellschaftlichen Konsens für eine Verfassungsänderung geht.

3.  Der Staat schützt nicht mehr die Familie, er gründet sie

Die entscheidende rechtspolitische Konsequenz der Änderung des verfassungsrechtlichen Elternbegriffs liegt vor  allem in dem Verlust des Schutzes der auf Abstammung beruhenden Eltern-Kind Beziehung.  Das Bundesverfassungsgericht rechtfertigt das Elterngrundrecht in dem Urteil noch zu Recht mit der Kindeswohlfunktion und begründet dies mit dem ,,Gedanken, daß in aller Regel den Eltern das Wohl des Kindes mehr am Herzen liegt als irgendeiner anderen Person oder Institution.”  Das Urteil erinnert auch noch zutreffend an ,, die von der Verfassung vorausgesetzte – spezifische elterliche Hinwendung zu Kindern.” Umso erstaunlicher dann, daß die Verfassungsrichter  nunmehr den Schluß daraus ziehen: ,,Für die Schutzbedürftigkeit dieses zum Wohl des Kindes  gewährten Elternrechts gegenüber dem Staat macht es keinen Unterschied, ob die Eltern gleichen oder verschiedenen Geschlechts sind.”

Dies bedeutet aber mit anderen Worten: Es macht keinen Unterschied, ob es die eigenen Eltern sind oder fremde Personen!

Im Sinne der dieser Rechtsprechung ist das Elternrecht dem Staat damit nicht mehr als anzuerkennendes Recht vorgegeben, sondern wird vom Staat zugeteilt. ,,Sofern das einfache Recht die rechtliche Elternschaft zweier gleichgeschlechtlicher Partner begründet, sind diese auch im verfassungsrechtlichen Sinne als Eltern anzusehen.” Mit dieser grundsätzlichen Feststellung hat das Bundesverfassungsgericht das Elternrecht von der natürlichen Abstammung abgekoppelt. Elterliche Hinwendung und das Kindeswohl folgen dann der staatlichen Zuweisungsentscheidung wie bei der Erteilung einer Baugenehmigung oder der Fahrerlaubnis. Die Aufgabe des Staates beschränkt sich damit nicht mehr auf den institutionelle Schutzgewähr für die Familie, sondern ihm fallen die letztendlichen Gestaltungsbefugnisse zu. Diese in dem Urteil aufgestellten Grundsätze sind allgemeiner Natur und wirken sich aus auf die Regelung der Rechtsverhältnisse der Familie im Allgemeinen und damit weit über die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften hinaus. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Urteil auch bereits weitgehend die Kriterien für die staatliche Zuweisung der Elternrolle entwickelt, was Gegenstand eines weiteren Beitrags sein wird.

Das Elterngrundrecht verliert damit seinen spezifischen grundrechtlichen  Schutz als natürliches Recht und seine Bedeutung als unveräußerliches Menschenrecht. Das gilt auch für das subjektive Gewährleistungsrecht des Kindes auf elterliche Pflege und Erziehung, das  nun nicht mehr auf die eigenen Eltern gerichtet ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Urteil die Grundrechte aus Art. 6 II 1 GG soweit uminterpretiert, daß sie dem – verfassungsrechtlich allerdings keineswegs gebotenen – Gleichstellungsanspruch gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften untergeordnet werden können. Damit ist zunächst als unmittelbare Folgewirkung der Mißbrauch des Adoptionsrechts zur Herstellung des vermeintlichen Gleichstellungsauftrags nach Art. 3 I GG freigegeben. Mit den Folgen des Urteils  für das Adoptionsrecht und das Recht der Reproduktionsmedizin  beschäftigen sich die folgende Beiträge.

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(1)  http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20130219_1bvl000111.html

(2) Beschluß d. Bundesverfassungsgerichts v. 9.4.2003, BVerfGE 108, 82

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